verführt

Schlagwörter

• Familie
• Gewalt
• Sexualität

Teaser

Wenn Cilla daran denkt, dass ihr Vater abends zu ihr ins Bett kommt und ihre Mutter so tut, als wäre nichts, dann verhärtet sich alles in ihr. In solchen Momenten ist sie nicht ansprechbar, und selbst ihre beste Freundin hält sie dann für gefühllos.

Beurteilungstext

Der Titel “verführt” ist dem Thema des Buches nahe. Genau genommen geht es jedoch um den sexuellen Missbrauch eines Kindes durch den eigenen Vater, um das sträfliche Schweigen der Mutter und vor allem um das seelische Dilemma des inzwischen 14-jährigen Mädchens, das sich nicht nur von seiner Mutter im Stich gelassen fühlt, sondern auch von der Polizei, die den angezeigten Fall nicht weiter verfolgt.
Von Anfang an ist Spannung da. Der knappe Hinweis auf die versteckte Flinte - gleich im zweiten Satz - genügt, um Leser die Gefahr der Situation spüren zu lassen. Die Spannung hält an, ist zwischen den Zeilen stets präsent und treibt auf den Höhepunkt zu. Eindringlich wird das psychische Geflecht einer Familie aufgezeigt, das für die Protagonistin immer unerträglicher wird und von ihr allein durch Flucht in einen Traum von der heilen Welt bewältigt werden kann. Gefühle von Hass, Selbsthass, von Schuld, Scham und tiefer Enttäuschung werden in Gedankengängen des Mädchens und zum Schluss durch dialogische Aufarbeitung im Gespräch mit der Psychotherapeutin vergegenwärtigt.Nie drängt sich die Autorin durch Belehrungen in den Vordergrund. Der Vierzehnjährigen gesteht sie so viel Reflexion zu, wie es ihrem Alter entspricht. Die psychologisch und literarisch überzeugend gestaltete Erzählung zeigt, dass Familie auch Bedrohung sein kann und dass Anzeichen für Missbrauch immer ernst genommen werden müssen. Eine nicht nur spannende, sondern auch anrührende Geschichte, die aus dem Schwedischen einfühlsam ins Deutsche übertragen wurde.