Verdammtes Königreich

Autor*in
Matthes, Silas
ISBN
978-3-95882-069-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Kauer, Jacqueline
Seitenanzahl
217
Verlag
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2015
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
9,99 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Im Königreich Lavis, regiert vom mysteriösen Brennenden König, hat alles seine Ordnung. Die Gesellschaft besteht aus streng voneinander abgegrenzten Berufsgruppen, sichtbar an den Gewandfarben. Das Existenzrecht wird von der Arbeitsfähigkeit bestimmt. Vergehen werden mit Körperstrafen und öffentlich sanktioniert. Hier lebt Lucas, der aus diesen Strukturen von der Gesellschaft der verhüllten Männer gerissen wird. Jenseits der Gesellschaft wird er auf eine noch unbekannte Bestimmung vorbereitet.

Beurteilungstext

Der erste Band von bisher sechs läuft unter dem Titel "Verdammtes Königreich". Über das Land erfährt man jedoch wenig. Im Vorsatz befindet sich eine eher schematische Karte, die nur eine ungefähre Vorstellung von der Größe und den topographischen Eigenschaften vermittelt. Aus meiner Sicht handelt es sich mehr um eine Mischung aus Bild und Organigramm: Die Karte veranschaulicht den Aufbau einer zentralistischen Gesellschaft, in der sich Gruppen dem Status ihrer sozialen Funktion entsprechend um den König versammeln. Diese Gesellschaftsform wird mit Gewalt aufrecht erhalten. Ein Ausdruck dieses Prinzips sind die "Verhüllten Männer", von denen der Protagonist Lucas eines Nachts geholt wird und über deren Funktion die Leser und Figuren im Dunkel gelassen werden. Sie sind ein Instrument staatlichen Terrors. Ein Staat, der sein Eigentumsrecht an den Untertanen durch die Abholung der Erstgeborenen als Tributzahlung deutlich macht. Das Königreich wird eher als politische Ordnung dargestellt, wobei im ersten Band unklar bleibt, in welcher Welt sich dieses Reich befindet und ob es die einzig mögliche Ordnung ist. Schade ist, dass auch nicht, abgesehen von dieser erdrückenden staatlichen Verfassung, ersichtlich wird, warum es verdammt sein soll. Es fehlt eine ausgesprochen religiöse Dimension, die in der Beschreibung unerklärlicher, vielleicht magischer Vorfälle nur vage angedeutet wird. Das liegt auch an der internen Fokalisierung und der Ich-Erzählung durch den Protagonisten Lucas: ein Teenager (17) und einfacher Kräutersammler. Aufgrund der erlebten staatlichen und der sie duplizierenden häuslichen Gewalt hat die Figur wenig Grundlagen das Geschehen emotional oder geistig zu verarbeiten. Deshalb scheint auch der Schwerpunkt der Darstellung auf der Präsentation äußerer Handlungen zu liegen. Eine andere Ursache dafür könnte sein, dass der erste Band insgesamt den Charakter einer gestreckten Exposition hat, der die Vorgeschichte und die internatsähnliche Kriegerausbildung bei den "Verhüllten Männern" schildert. Eine Reihe von Figuren, Orten und Handlungsprinzipien muss erst etabliert werden, ohne die Möglichkeiten eines allwissenden Erzählers nutzen zu können. Das führt dazu, dass manche Nebenfiguren eher als Sprachrohr für Sachinformationen fungieren und mit ihrem Dasein kaum zur Erweiterung und Vielschichtigkeit der Handlung beitragen. Die Erzählung ist eindimensional, ganz auf Lucas zugeschnitten. Sie erinnert an populäre Erzählmuster, hinsichtlich der Demonstration von staatlicher Macht durch Verfügung über Leben und Tod an die Tribute von Panem und bezüglich der Internatssituation an Harry Potter. Demgegenüber fällt auf, dass die Protagonisten dort differenzierter und ausführlicher konzeptioniert sind und mehr Emotionen als Angst, Wut, Verzweiflung und erste Liebesaufwallungen zeigen. Die Kriegerausbildung erinnert zudem an das antike Sparta: In der Kindheit, hier: Jugend, werden die Ausgewählten von den Eltern getrennt und isoliert, hier unter einem Friedhof, trainiert. Neben einem intensiven Waffentraining erhalten die Schüler Unterricht in Lesen und Schreiben oder in Meditation, wobei Leibstrafen (Essensentzug) und handfeste Rivalitäten fester Bestandteil des Bildungsprogramms sind. Diesem Band nach zu urteilen, handelt es sich um einen Abenteuerreihe um einen normalen Helden – eher Achilles als Odysseus –, der Probleme mittels physischer Gewalt und in erster emotionaler Reaktion meistens mit Wut löst. Es könnte ein Roman für Leser sein, die Abenteuer pur suchen, ohne Ablenkung durch Reflexionen oder Schilderung emotionaler Konflikte: Ein Buch in dem gehandelt, nicht gequasselt wird.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ThoBi; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 26.06.2016

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