Unsichtbar

Autor*in
Moreno, Eloy
ISBN
978-3-7373-7215-2
Übersetzer*in
Layer, Ilse
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
335
Verlag
FISCHER KJB Sauerländer Duden
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2023
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Unsichtbar zu sein ist ein alter Menschheitstraum. Mit dieser Fähigkeit kann man Macht ausüben, wie es uns in alten Märchen und Sagen erzählt wird. Man kann auch als Unsichtbarer Probleme bekommen, mit denen man vorher nie gerechnet hätte: siehe Mr. Griffin in H.G. Wells Roman "Der Unsichtbare" von 1897. Oder man kann in die Unsichtbarkeit vor Verfolgung, Nachstellungen oder bei Mobbing entfliehen. Doch nutzt diese scheinbare Flucht in eine eingebildete Unsichtbarkeit wirklich? Schützt sie vor Mobbing?

Beurteilungstext

Zu Beginn des vorliegenden Romans sitzen wir in einem Krankenhaus. Der Protagonist liegt in seinem Bett, hatte einen Unfall und redet von Monstern, Superkräften usw. Die Eltern wachen abwechselnd an seinem Bett, eine Psychologin versucht ihm zu helfen .... Aber erst, als er registriert, dass er konkret werden muss, damit man ihm wirklich helfen kann, wird auch der Roman konkret und fassbar. Er, der nicht namentlich genannt wird, gibt einem Mitschüler während eines anscheinend wichtigen Tests in der Schule die Lösungen nicht. Er weigert sich und sagt: Nein.
Ab hier beginnt eine fatale Abwärtsspirale für den Protagonisten und letztlich auch für MM, den Mitschüler, dem nicht geholfen worden ist. MM mobbt ganz gezielt den Protagonisten: bewirft ihn im Unterricht u.a. mit Kreide, stellt ihm ein Bein, nimmt ihm das Pausenbrot weg, wirft es in den Schmutz, lauert ihm auf, schickt ihm entsprechende Drohmails und Nachrichten aufs Handy.
Der Protagonist kann sich nicht wehren, will sich nicht wehren. Und die Mitschüler? Schauen weg, sind hilflos wie das Mädchen, das ihn eigentlich liebt, ja sie machen sogar mit, wenn MM sie dazu auffordert. Und die Lehrkräfte? Nur eine Lehrerin versucht ihm zu helfen, da sie selbst als Jugendliche gemobbt worden ist. Doch die Schulleitung will von all diesen Geschichten nichts wissen, da die Eltern von MM einflussreiche Sponsoren der Schule sind.
Irgendwann spürt die Lehrerin, dass ein unumkehrbarer Schluss bevorsteht. Sie verlässt unerlaubt die Schule und findet den Protagonisten am Bahngleis während sich ein Zug nähert.
Welche Gegenmaßnahmen ergreift der Protagonist? Er kriecht in sich, bildet sich ein, unsichtbar zu werden, was ihm soweit gelingt, dass er tagelang wirklich nicht mehr wahrgenommen wird. Selbst seinen Eltern ist das Mobbingproblem in dieser Tragweite nicht bewusst.
Der spanische Autor Eloy Moreno hat einen beeindruckenden Roman zum Thema Mobbing geschrieben. Nicht nur das Opfer steht im Mittelpunkt. Auch das Schicksal des Täters wird angesprochen, ohne ihn zu entschuldigen. Mitschüler:innen und die Schule, das ganze Umfeld wird beleuchtet. Dabei wechselt der Autor öfters die Erzählperspektive und schiebt Beiträge über das Phänomen Mobbing als auktorialer Erzähler geschickt ein.
Ein Roman, der dem Thema Mobbing gerecht werden will - in all seinen Facetten. Und es gelingt ihm auch - auch auf sprachlich hohem Nievau.
Doch das ist die Krux an diesem hervorragenden Roman: Leseerfahrene Jugendliche werden diesen Roman lesen und lesen und lesen. Aber das ist leider nur eine kleine Schicht innerhalb unserer Schulbevölkerung.
Ja, es muss diesen Roman geben und man muss oder sollte ihn in Schulen lesen. Aber wichtiger wäre noch, Romane zu diesem Thema zu verfassen, die auch leseferne Kinder und Jugendliche erreichen. Dabei denke ich z.B. an Annika Thors Roman "Ich hätte Nein sagen sollen" aus dem Jahr 1997 oder "Tanz der Tiefseequalle" von Stefanie Höfler aus dem Jahr 2017.
Eloy Moreno hat einen wichtigen Roman auf hohem literarischen Niveau geschrieben. Und, was ganz wichtig ist: Im Anhang finden sich kurze Infos zu "Was ist Mobbing?", "Mobbing kann jeden treffen", "Was du tun kannst", ..... Schön wäre es gewesen, wenn in der deutschsprachigen Ausgabe noch Anlaufanschriften für Mobbingopfer aufgelistet gewesen wären.

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Diese Rezension wurde verfasst von Walter Mirbeth; Landesstelle: Bayern.
Veröffentlicht am 14.01.2024