Unsere anarchistischen Herzen
- Autor*in
- Krusche, Lisa
- ISBN
- 978-3-10-397051-7
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 448
- Verlag
- S. FISCHER
- Gattung
- Buch (gebunden)Erzählung/Roman
- Ort
- Frankfurt
- Jahr
- 2021
- Lesealter
- 14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Fachliteratur
- Preis
- 23,00 €
- Bewertung
Teaser
Lisa Krusche schreibt von zwei Heranwachsenden, die sich in der Phase ihrer eigenen größten Entwicklung und Veränderung befinden: der Pubertät und der Rebellion gegen das Elternhaus. Dabei beschreibt sie, wie aus Kindern Aufsichtspersonen ihrer Eltern werden, wie sie selbst nun Verantwortung übernehmen müssen und dabei noch selbst ihren Platz finden müssen.
Beurteilungstext
In sich abwechselnden Episoden aus dem Leben von Gwen und Charles werden zunächst parallel ablaufende Geschichten erzählt. Die Jugendlichen sind in den Krisen ihrer Eltern verfangen und sind vor allem ihren Peinlichkeiten, z.B. dem Nackt-durch-die-Wohnung-Laufen oder dem Drogenrausch, ausgesetzt. Sie sammeln aber auch in der eigenen Pubertät Erfahrungen und loten die Grenzen im Zusammenleben mit den Eltern aus. Beide machen sich dabei aber immer wieder auch Gedanken über die eigene Gegenwart und ihren Platz innerhalb der Familie: „Meine Familie ist nicht meine Familie, denke ich, ist trotzdem meine Familie. Wer sind diese Menschen, und was habe ich mit ihnen zu tun?“.
Sie durchleben persönliche Krisen wie sexuelle Übergriffe und damit verbundene Selbstvorwürfe und -zweifel. Aus ihren Sichtweisen werden die Gedankengänge über Gewalt und Schuld in einer metaphorischen Art und Weise beschrieben. Sie enthalten philosophische Ansätze und sind zeitweilig essayartig verfasst.
In der Hälfte des Buches treffen beide Mädchen aufeinander und teilen nun das Schicksal. Sie planen dem gemeinsamen Leben mit ihren Eltern zu entfliehen. Auf den letzten 20 Seiten erleben sie eine Vielzahl an Krisensituationen: während des Geschlechtsverkehrs reißt das Kondom, der Bruder ist in einen Auto-Unfall verwickelt und es ist nicht klar, ob es sich um einen Selbstmordversuch handelte und sie experimentieren mit verschiedenen Drogen.
Sprachlich ist der Roman abwechslungsreich gestaltet: Die Autorin nutzt eine Vielzahl an Fremdwörtern und Neologismen. Zusätzlich werden die Textnachrichten, die die Jugendlichen untereinander austauschen, eingebaut. Diese sollen in durchgängiger Kleinschreibung vom erzählenden Text abgehoben erscheinen, was nur teilweise gelingt und die volle Aufmerksamkeit der Leser*in verlangt, in Teilen auch das mehrmalige Lesen der Textstelle bedingt. Damit wird zwar die Nähe zum Alter und dem Sprachgebrauch der Jugendlichen erzeugt, aber die Jugendsprache in Ausdruck und Satzbau ist in dieser Fülle zuweilen anstrengend und ermüdend. Mehrfach wechselt auch die Sprachebene abrupt: „vermutlich damit seine Baggy ihm nicht vom Hintern rutschte. Jeder ihrer Körper strahlte eine Gewissheit aus, dass ihnen diese Straßen gehörten, dass jeder Raum, den sie beanspruchten, ihnen auch zustand.“
Die beschriebenen Situationen erscheinen dabei so, als würden sie direkt aus den Drehbüchern für Sendungen wie „Berlin Tag und Nacht“ entnommen. Sie sind plakativ und werden von den Protagonist*innen - wenn überhaupt - nur abwegig reflektiert und liefern auch den Leser*innen kaum Ansatzpunkte dazu. Die beschreibende Darstellung bleibt dabei auch den im Titel anmutenden Rebellionen schuldig.