Tibor und ich

Autor*in
Müller, Stefan
ISBN
978-3-86265-249-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
217
Verlag
Schwarzkopf & Schwarzkopf
Gattung
Ort
Berlin
Jahr
2013
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Jan und Tibor sind zwei fünfzehnjährige Jungen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Jan hat keine Hobbys und keine Freunde, Tibor ist gutaussehend, blond und vor allem eins - belesen. Tibor zieht in ein Mehrfamilienhaus, in dem Jan bereits mit seinen Eltern lebt, und wird dessen einziger Freund. Er begeistert Jan für die Welt der Literatur und kommt auch in seine Klasse. Alles scheint perfekt, bis sich beide in dasselbe Mädchen verlieben.

Beurteilungstext

Ein Buch über zwei Jugendliche, zwei Außenseiter noch dazu, die beste Freunde werden, sich dann noch in das gleiche Mädchen verlieben. Ja, das kennt man und hat es schon zigmal gelesen.
Aber trotzdem ist dieses Buch sehr empfehlenswert. Stefan Müller erzählt die Geschichte dieser beiden Jungen, die den Weg ins Erwachsensein suchen, so einfühlsam und nuancenreich, dass es die anfangs vermutete schwarz-weiß-Malerei (Tibor der Gewinner, Jan der Verlierer) gar nicht gibt.
Tibor, der kluge, charmante und gutaussehende Junge, der, noch bevor er sich seinem neuen Nachbarn vorstellt, voller Selbstbewusstsein sagt: ""Freunde lässt man nicht warten"", scheint Jan genauso zu brauchen, wie Jan ihn. Jemanden, der seine Begeisterung für Literatur teilt, dem er sich anvertrauen und mit dem er Spaß haben kann.
Und so ist wirkt er auch nicht als der Gewinner, als er sich ebenso wie Jan in die hübsche Jennifer verliebt und sie schließlich erobert. Die Freundschaft steht auf der Kippe und beide scheinen ohnmächtig mit einander zu reden.
Als Tibor schließlich wieder fortzieht, nimmt Jan sein Leben selbst in die Hand, er sucht sich ein neues Hobby, geht schwimmen und verliebt sich in Franziska.
Aber die Freundschaft, die für Jan so stark ist, dass er sagt: ""Es schien mir fast ein Naturgesetz zu sein, dass ich diese Vertrautheit mit einem Menschen später nur noch sehr selten empfinden würde"", ist nicht zu Ende. Denn es ist Tibor, der wieder vor der Tür steht und sagt: ""Freunde lässt man nicht warten"" und die Vertrautheit der Jungen scheint stärker als je zuvor.
Der Autor beschreibt die Erlebnis- und Gefühlswelt der Jungen so fassettenreich, dass man sich als Leser gut in ihr wieder finden kann. Da ist zum Einen ihre Freundschaft, zum Anderen die Situation der Jungen in der Klasse ""Die Annahme, dass es schöne Menschen immer leichter haben, beweist sich an Tibors Beispiel als großer Trugschluss"", sagt Jan und Tibor meint über eine Klassenfahrt: ""Ich habe so ein Gefühl, dass das was mit viel Staub, peinlichen Gemeinschaftsaktionen und Musik der etwas anderen Art zu tun hat"" Und schließlich die Hausgemeinschaft, allen voran Madame Simone, die sich zunächst als skurrile Wahrsagerin darstellt und schließlich als liebenswerte Oma entpuppt, wird vermutlich auf viel Widerhall in der Erinnerung der Leser an die eigene Hausgemeinschaft, als man selbst noch ein kleines Kind war, stoßen.
Sprachlich witzig im jugendlichen Stil: ""Du hältst es wie einen Tierkadavar"" (Tibor zu dem ein Buch in der Hand haltenden Jan) lässt Müller die Protagonisten zu Wort kommen.
Aber neben dem sprachlichen Witz, der empathischen Beschreibung der Welt der Jungen und der Lebensklugheit der beiden Protagonisten, gibt es noch etwas, das dieses Buch sehr empfehlenswert - die vielen Literaturverweise unterschiedlichster Couleur, ob Siegfried Lenz oder Brigitte Reimann.
Entstanden ist ein einfühlsames Werk über das Erwachsenwerden, Freundschaft und Verzeihen, das darüber hinaus noch eine beeindruckende Reise in die Welt der Bücher bietet.


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Diese Rezension wurde verfasst von SZ.
Veröffentlicht am 01.01.2010