Surwilo

Autor*in
Lawrentjewa, Olga
ISBN
978-3-96445-073-9
Übersetzer*in
Altenhofer, Ruth
Ori. Sprache
Russisch
Illustrator*in
Lawrentjewa, Olga
Seitenanzahl
312
Verlag
Avant
Gattung
Comic
Ort
Berlin
Jahr
2022
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
28,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Bezüge zur aktuellen Politik drängen sich auf jeder Seite auf: Olga Lawretjewa erzählt in Surwilo die Lebensgeschichte ihrer Großmutter im stalinistischen Russland.

Beurteilungstext

Die Graphic Novel von 2019 könnte heute vielleicht nicht mehr in Russland erscheinen: Es ist eine Aufarbeitung der russischen Geschichte der Unterdrückung. Die Autorin erzählt vom Trauma ihrer Großmutter, die sich nach der Deportation ihres Vaters in ihrer Kindheit nicht mehr von der Angst freimachen kann, dass jeden Moment ein geliebter Mensch verschwinden kann. In Gesprächen mit der Enkelin wird deutlich, dass dieses Trauma nicht nur ein persönliches Schicksal ist, sondern eine ganze Generation von Russinnen und Russen erfasst. Walja Surwilo wird ihr ganzes Leben diskriminiert, weil ihr Vater ein polnischer Konterrevolutionär gewesen sein soll, obwohl sie selbst weiß, dass er überzeugter Kommunist war: Sie darf nicht mehr in die Schule gehen, ihre Verwandtschaft wendet sich von ihr ab, sie bekommt keine Arbeitsstellen trotz guter Leistungen. Zusätzlich zu den Repressionen des Stalin-Regimes kommen dann die Erfahrungen des Krieges in der Leningrader Besatzung, die Walja als Hilfskrankenschwester überlebt. Olga Lawrentjewa (geb. 1986) ist Künstlerin und Karikaturistin. In Russland gilt Surwilo bereits als moderner Klassiker und wird inzwischen mit Art Spiegelmans Maus verglichen. Auch hier setzt sich die Erzählerin mit der eigenen Biographie auseinander. Ausgangspunkt ist eine Situation in ihrer Kindheit, in der ihre Großmutter in Panik gerät, weil sie die Enkel beim Pilzesammeln aus den Augen verloren hat. Erst viel später, im Jahr 2017 will die Enkelin aufschreiben, was die Großmutter ihr als Kind erzählt hat. Diese erinnert sich nicht mehr an alles, Bruchstücke der Erinnerung von Großmutter und Enkelin fügen sich zu einer Erzählung über die Vergangenheit zusammen. Die Erinnerungen sind also bedroht vom Vergessen und die Autorin und Illustratorin schreibt und zeichnet dagegen an. Düstere Schwarz-Weiß-Zeichnungen mit dem Kohlestift gleiten immer wieder ab ins Verwischte oder Unscharfe, nur einzelne Gesichter oder Gegenstände werden scharf wahrgenommen. Diese Darstellungsweise zeigt, dass nur Bruchstücke einer persönlichen Geschichte erzählt werden, die von Hitlers und Stalins Politik betroffen war.

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Diese Rezension wurde verfasst von RPAK; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 02.06.2022