Strom auf der Tapete

Autor*in
ISBN
978-3-407-82211-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Schürmann, Kerstin
Seitenanzahl
179
Verlag
Gattung
Ort
Weinheim
Jahr
2017
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ron Robert lebt mit seiner alkoholkranken Mutter in einer Plattenbausiedlung. Seine Finanzen möbelt er mit An- und Verkauf verschiedener Utensilien auf. In seine Klasse geht Clara, reich, gescheit, aber seit einem Unfall an den Rollstuhl gefesselt. Beide Kinder machen sich mit dem Auto, das die Mutter zu Rons Geburtstag geliehen hat, auf den Weg in den Oderbruch, um Rons Vater zu finden. Den findet er nicht, wohl aber seine Herkunftsfamilie. Seine Albträume versucht Clara zu beenden.

Beurteilungstext

Beide Hauptpersonen haben “mächtig Strom auf der Tapete”, sind tief im Herzen unglücklich und haben Pläne, dies zu ändern.
Ron Robert liebt seine Mutter, obwohl sie die für ihn wichtigen Termine ständig vergisst und von ihrer Alkoholsucht nicht loskommt. Der Frage nach seinem Vater weicht sie aus. Aber er hat ein kleines Foto der Mutter, auf dem der Herkunftsort steht. Sein Ziel ist, den Vater zu finden, obwohl er dafür keinen Plan hat.
Die andere Hauptperson, Clara, ist mir allen Reichtümern gesegnet, ihre Eltern sieht sie allerdings kaum. Sie fühlt sich von dem Außenseiter Ron angezogen und flieht mit ihm in dem geliehenen Auto erst Richtung Berlin, dann aber in den Oderbruch, wo eine Kür zur Schönheitskönigin stattfindet, an die auch das kleine Foto, das Rons Mutter zeigt, erinnert.
Das Buch ist teils verstörend, teils aber doch sehr faszinierend. Verstörend ist die Situation, in der sich der heranwachsende Ron befindet. Er ist ungepflegt, aber das ist auch der verdreckten Wohnung geschuldet. Er hat Geld von seinen dubiosen An- und Verkäufen. Er leidet unter Albträumen, die ihn auch tagsüber kaum zur Ruhe kommen lassen. Clara dagegen will aus ihrem Käfig ausbrechen und ist von Ron angezogen. Sie überredet ihn, mit dem Auto, er kann gar nicht fahren, eine Tour zu machen. Sie bringt ihm das Fahren bei, unterstützt ihn aber auch in brenzligen Situationen. Verstörend auch, dass das Verschwinden der Jugendlichen von amtlicher Seite nicht bemerkt wird. Es läuft keine Suchfahndung.
Faszinierend ist, dass Ron trotz der miserablen Umstände viel Empathie zeigt. Einmal gegenüber einer alten Obdachlosen, der er manchmal etwas zukommen lässt, zum anderen aber auch im Verhalten gegenüber dem Mädchen, das aus einer ihm fremden Welt kommt. Ron kann sehr genau beobachten und in der Mimik der ihn umgebenden Menschen richtige Schlüsse ziehen.
Man spürt bei beiden Heranwachsenden eine zarte Liebe, die wohl weiter wachsen wird und die sehr einfühlsam ist. Es ist kein Roman mit einem Happyend, aber dadurch, dass Ron seine Wurzeln gefunden hat, möchte man ihm das Beste für seine Entwicklung wünschen. Spannend, manchmal sogar witzig und realitätsnah ist dieses Buch, das einem so leicht nicht wieder loslässt.
Ein spannender Jugendroman, der auch Tiefe hat, obwohl er die Sprache der Jugend widerspiegelt. Als Klassenlesestoff bietet er viele Diskussionsthemen. Auch Fortsetzungen oder aus anderer Perspektive zu schreiben bietet sich an.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von RPLTLD.
Veröffentlicht am 01.04.2017