Sieben Minuten nach Mitternacht

Autor*in
ISBN
978-3-570-40191-0
Übersetzer*in
Abarbanell, Bettina
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Kay, Jim
Seitenanzahl
214
Verlag
Gattung
Ort
München
Jahr
2013
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
9,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Sieben Minuten nach Mitternacht - immer dann bekommt der 13jährige Conor Besuch von einem Monster aus der Eibe, die vor seinem Zimmerfenster steht. Mit dem Monster begegnet der Junge der bitteren Realität: Seine Mutter liegt im Sterben, ihm wird nur noch die unfreundliche Großmutter bleiben…

Beurteilungstext

“Sieben Minuten nach Mitternacht"" ist ein Roman, der von beklemmender kindlicher Einsamkeit erzählt: Conor lebt mit seiner Mutter allein. Der Vater hat in Amerika eine neue Familie gegründet. Die Großmutter ist unfreundlich, hartherzig und eher am Sitz ihrer ""maßgeschneiderten Hosenanzüge"" interessiert als am Seelenleben ihres Enkels. In der Schule wird er gemobbt. Kann ein Kind einsamer sein als Conor, der verzweifelt an das Überleben seiner Mutter glauben will?
Den Jungen quälen massive Alpträume. Zunächst erscheint ihm das Monster, das ihn immer kurz nach Mitternacht besucht, gar furchtbar. Doch es erweist sich als freundschaftlicher Berater, das Conor durch erzählte Geschichten verdeutlicht, dass es im Leben nie Gut und Böse, nie Schwarz oder Weiß gibt, sondern alles komplexer und differenzierter ist im Leben - und auch im Sterben. Mithilfe des Alptraum-Monsters aus der Eibe vor dem Zimmerfenster gelingt es Conor schließlich, Abschied von seiner Mutter zu nehmen, auch seine ambivalenten Gefühle anzunehmen, z.B. die Wut auf die sterbende Mutter. Was dann kommt, bleibt offen. Conor wird sich wohl mit seiner Großmutter arrangieren müssen, was diese ebenso ausdrückt. Aber leicht wird das sicher nicht werden, denkt sich der Leser, denn die Großmutter begegnet dem Kind ohne Einfühlungsvermögen und Empathie, weshalb man sie schon fast als grausam bezeichnen könnte.
Und so bleibt dieser traurige Jugendroman eine bittere, düstere Geschichte, die aber auch Mut machen will: Mut, dass man Verlust und Schmerz bewältigen kann. Die Düsterkeit wird im besonderen Maße durch die schwarzweißen Illustrationen unterstrichen, die viele Doppelseiten füllen. Hier zeigen sich die dunklen Alptraum-Bilder, denen Conor sich nicht entziehen kann in Form von collagenartigen Zeichnungen. Sie bleiben umrisshaft und wirken wie Schatten - Schatten des Todes und des Lebens, von denen dieses Buch erzählt. Das Monster erscheint hier als ein menschenartiger Baum.

Patrick Ness hat das Exposé und den Anfang dieses Romans der an Krebs verstorbenen Autorin Siobhan Dowd vorgefunden und zu Ende geschrieben. Wie schwer ihm dies gefallen ist und wie sehr er dennoch von einem Schreibdrang besessen war, darüber gibt er im Vorwort Auskunft. Diese Hintergrundinformationen verleihen dem Roman ein eindrückliches Maß an Authentizität: So stirbt nicht nur die Buchfigur der Mutter an Krebs, sondern auch die Autorin, die die Grundidee für den Roman entwarf.
Ein eindringliches, besonderes Buch, dessen schnörkellose Sprachgestalt im Einklang mit der sowohl traurig-düsteren als auch fantasievollen, facettenreichen Geschichte steht. Für den erwachsenen Leser ist das Monster eine Alptraum-Phantasie des verzweifelten Conor, von Kindern und Jugendlichen, aber kann es vielleicht auch als phantastische Erzählebene rezipiert werden, durch die der Text ein besonderes Spannungsmoment erhält?
Der Roman erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter den Deutschen Jugendliteraturpreis der Jugendjury im Jahr 2012. Diese Tatsache verweist auf die Resonanz des Buches auch bei jugendlichen Lesern, was den erwachsenen Rezipienten vielleicht überraschen mag.

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Diese Rezension wurde verfasst von kku.
Veröffentlicht am 01.01.2010