Sei wie ein Baum!

Autor*in
Gianferrari , Maria
ISBN
978-3-458-17992-4
Übersetzer*in
Jacobs, Stefanie
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Sala, Felicita
Seitenanzahl
48
Verlag
Insel
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
Berlin/Frankfurt am Main/Leipzig
Jahr
2022
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüreVorlesen
Preis
15,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Das Sachbilderbuch „Sei wie ein Baum!“ von Maria Gianferrari und Felicita Sala vermittelt mehr als nur Wissen über Bäume und deren Nutzen für die Umwelt. Es erhebt vielmehr den Baum zum gleichwertigen Partner des Menschen mit Verhaltensweisen, von denen er viel lernen kann. Damit unterstreicht es eine Perspektive auf Natur, die sich eindeutig von einem homozentrischen Weltbild verabschiedet.

Beurteilungstext

Mächtig und stark erfüllt ein gigantischer Baum das Cover des Bilderbuches, geschmückt von einem bunten Gewimmel an Kindern, denen er als Schlaf-, Spiel- und Tummelplatz dient. Aber auch einige Vögel finden in einem friedlichen Miteinander ihren passenden Platz. Sein Stamm trägt die klare und unübersehbare Aufforderung „Sei wie ein Baum!“, mit der die Metamorphose der kindlichen Leser*in in das einzigartige Wesen eines Baumes beginnt und gleichzeitig die Reise, die viel Wissenswertes über Bäume vermittelt. Aber es ist eine besondere Reise, denn der Autorin Maria Gianferrari geht es nicht in erster Linie darum, möglichst viel Wissen weiterzugeben, sondern um eine vollständige Identifikation mit dem Baum selbst. Das drückt sich auch in der fast lyrisch anmutenden Sprache aus, deren Sätze wie Verse von Gedichten wirken, bei denen die einzelnen Zeilen meist nur aus wenigen Worten bestehen. Dadurch gewinnen diese an außergewöhnlicher Wirkung und verleihen dem Inhalt eine besondere Nachdrücklichkeit.
Der Baum bekommt menschliche Züge, Empfindungen, Organe, aber nicht, weil die Autorin die Leser*in in eine fiktive Welt entführen möchte, sondern weil sie sich in ihren Aussagen auf wissenschaftliche Befunde beruft. Diese lassen sich in den „Anmerkungen der Autorin“ am Ende des Buches nachlesen, wo sie aus der Lektüre von Peter Wohlleben „Das geheime Leben der Bäume“ berichtet. Danach zeigen Bäume soziales Verhalten, indem sie einander beschützen und ihre Photosyntheseleistung so aufeinander abstimmen, dass Nachbarbäume bei Mangel über die Wurzeln anderer mit Nährstoffen versorgt werden. Durch überkreuzende Wurzeln werden aber nicht nur Nährstoffe, sondern auch Informationen ausgetauscht, d.h. Bäume können auch kommunizieren. Maria Gianferrari setzt Mensch und Baum vollkommen gleich, ja sie geht sogar noch einen Schritt weiter, indem sie das Verhalten der Bäume als Vorbild für eine gelungene menschliche Gemeinschaft postuliert: „Mutterbäume nähren Bäumchen. Alte Bäume spenden Schatten für junge. Kräftige Bäume beschützen schwache. Gesunde Bäume helfen kranken.“ Letztendlich gehören wir alle zusammen, wie eine „Familie, eine Gemeinschaft, ein Land, ein ganzer Kosmos.“ Erst auf dieser Grundlage gibt sie Informationen über Bäume und deren Funktion als unentbehrliche Garanten von Ökosystemen weiter. Sie rückt damit das Kind und den Menschen generell aus der egozentrischen Sichtweise von Natur und zeichnet den Baum als gleichwertigen Partner aus, von dem sich für ein friedliches Zusammenleben viel lernen lässt. Dieses ganz besondere Sachbilderbuch endet mit einer doppelseitigen „Anatomie eines Baumes“, die sehr anschaulich die Teile und deren Funktionen in kindgerechter Sprache erklärt. Daran schließen sich noch weitere Literaturangaben, die sich zum einen an Kinder, aber auch Erwachsene richten. Hier wird auch deutlich, dass das Buch beide Adressatenkreise fokussiert und von einem gemeinsamen literarischen Gespräch lebt, dass neben den gelungenen sprachlichen Elementen insbesondere durch die aussagekräftigen Bilder inspiriert wird. Gigantische Perspektiven, starke Linien, amorphe Formen und zum Teil expressive Farben verschmelzen zu einem ästhetischen Genuss sondergleichen. Der Illustratorin Felicita Sala gelingt es eindrucksvolle Bilderwelten zu erschaffen, die die Majestät des Baumes zum Ausdruck bringen und der Betrachter*in sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben.

Anmerkung

Der Inhalt des Buches weist eine hohe kindliche Anschlussfähigkeit auf, liegt es doch auf der Hand, diesen durch pantomimische Bewegungen nachzuempfinden, um anschließend in einem literarischen Gespräch auf dessen tiefere Bedeutung einzugehen. Den Möglichkeiten an kreativen Anschlussaktivitäten, wie bildnerische Umsetzungen, dem Erkunden von Bäumen in der Natur und dem spielerischen Vermitteln von Wissenswertem über das Ökosystem Wald sind keine Grenzen gesetzt.

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Diese Rezension wurde verfasst von Siglinde Spuller; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 14.09.2022