Seeräubermädchen und Prinzessinenjunge

Autor*in
Pickert, Nils
ISBN
978-3-551-52195-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Hesse, Lena
Seitenanzahl
72
Verlag
Carlsen
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Hamburg
Jahr
2022
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiVorlesen
Preis
14,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In "Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge" ist es freundlich erwünscht allen Geschlechterklischees zu trotzen. Ein Buch, das sich nicht so leicht in die "Jungen- und Mädchenabteilungen" der Ladengeschäfte einsortieren lässt. Denn dies ist ein Buch für ALLE!

Beurteilungstext

Der Gang durch die Regale der Ladengeschäfte bedient sich zahlreicher Klischees. In der Abteilung für Mädchen leuchten rosarote mit Tüll und Spitze bestickte Glitzerkleidchen, während es für Jungs mit Autos und Dinos applizierte Shirts in sämtlichen Blautönen zu kaufen gibt. Glaubt man den Regalen spielen die Mädchen mit Puppen und lesen Bücher über Prinzessinnen. Jungen hingegen weiterhin, interessieren sich selbstverständlich für Fußball und spielen aktionsgeladene und abenteuerreiche Spiele.
Umso schöner ist es zu sehen, dass es mit "Seeräubermädchen und Prinzessinenjunge" ein weiteres Buch auf dem Markt gibt, das mit diesen Geschlechterklischees spielt und zeigt, dass es auch anders sein kann.

Mara ist ein echtes Seeräubermädchen. Mit ihrem Hund Landratte und einem Säbel in der Hand stürzt sie sich in wilde Abenteuer.
Milo hingegen liebt es in Prinzessinnenkleidern und zauberstabschwingend durch die Gegend zu tanzen. Für jede Gelegenheit hat er das passende Krönchen.
Es kommt der Tag an dem sich beide Kinder zufällig auf dem Spielplatz begegnen. Nach den ersten skeptischen Blicken, gehen sie aufeinander zu und vereinen ihre Spiele. Von nun an sind sie beste Freund*innen. Doch Maras zweiwöchiger Urlaub stellt die Freundschaft auf eine Probe. Während des Urlaubs ist die Sehnsucht groß, doch das Wiedersehen gestaltet sich schwierig. Nicht unüblich, dass Kinder etwas Zeit brauchen, um sich längerer Zeit ohne Kontakt wieder anzunähern. Ungewöhnlich erscheint jedoch das Verhalten der Eltern, die auf dem Spielplatz plötzlich auch voneinander entfernt sitzen und distanziert wirken. Was wäre aber ein gutes Kinderbuch ohne Happy End? Eine Geburtstagseinladung führt die beiden wieder zueinander. Und so endet die Geschichte mit Spielen, einer Schokoladenschiffstorte und dicken Umarmungen.

Die Illustrationen des Vorlesebuches sind eine gute Ergänzung zum Text. Neben zahlreichen kleineren, laden auch einige großformatige Bilder zum Betrachten ein. Die Farbgebung spiegelt gut die im Text angesprochene Stimmung wider. Während das Cover noch zwei selbstbewusste und fröhliche Kinder in leuchtenden und freundlichen Farben darstellt, kehrt sich die Gefühlslage im Handlungsverlauf um und nimmt Einfluss auf die Farbgebung, die nun eher dunkler und trüb ist.
Die Gestaltung der Textpassagen spielt ebenso mit den Farben. Textpassagen, die aus Milos Sicht erzählt werden, sind in einem Lilaton gehalten. Maras Textabschnitte sind hellblau gestaltet. Gemeinsame Passagen sind an einem Dunkelblau erkennbar. Durch dieses interessante Gestaltungsmittel lässt sich eine Gliederung in einzelne Kapitel ausmachen. Der Perspektivwechsel ist dadurch nicht nur erzählerisch, sondern auch stilistisch, sehr gut gelungen.

Nils Pickert greift hier ein thematisch sehr anspruchsvolles Thema auf. Es ist äußerst geschickt, ein Rollenspiel als Basis der Geschichte zu nutzen. So entsteht ein hoher Identifikationswert zwischen Leser*innen und Protagonist*innen des Vorlesebuches. Die ausgestrahlte kindliche Leichtigkeit in Handlung und Gestaltung holt Leser*innen ab einem Alter von fünf Jahren ab. Sprachlich erscheint mir das Buch für diese Zielgruppe jedoch etwas zu anspruchsvoll. Sprachliche Bilder (wie beispielsweise die rollende Wut, die an Milo kleben bleibt, oder der Rollkragenpulli, den Maras Papa trug, „weil ihm ohne Umarmungen schnell kühl wurde“) sind für Kinder diesen Alters wohl eher noch schwer nachvollziehbar. Stellenweise erscheint mir die Erzählung etwas langgezogen. Die Handlung dürfte für meinen Geschmack gern etwas mehr Tempo aufnehmen. Das Potential, dass diese wunderbare geschlechterübergreifende Freundschaft bietet, um Kindern zu vermitteln, dass sie keinem Rollenbild entsprechen müssen, leidet darunter glücklicherweise nicht. Es wird deutlich klar, dass niemand einem Geschlechterklischee entsprechen muss, sondern jede*r so sein darf, wie er möchte. Eine bessere Botschaft kann ein Kinderbuch gar nicht vermitteln.

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Diese Rezension wurde verfasst von jere; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 18.11.2022