SCHWARZER, WOLF, SKIN

Autor*in
Hagemann, Marie
ISBN
978-3-522-20224-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
143
Verlag
Thienemann
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2016
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
9,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

“Mir war das im Prinzip völlig egal , wer mir sagte, wo es lang ging. Ich war nur froh, dass einer da war, der es mir sagte...” (S.33) Mit dieser Einstellung fühlen sich Wolf Schwarzer und sein Freund Andy geborgen in einer Gruppe rechtsradikaler Skins. Von organisierten Neonazis in Kameradschaftsabenden rassistisch aufgeheizt, suchen sie alkoholisiert immer wieder Zoff mit Ausländern und schrecken dabei vor Brandstiftung und Totschlag nicht zurück.

Beurteilungstext

Der Jugendbuchklassiker zum Thema Rechtsradikalismus erschien bereits 1993 und basiert auf verschiedenen authentischen Vorfällen, welche die Autorin in ganz Deutschland recherchiert hat. Sie hat die Vielzahl dieser Ereignisse in einer fiktiven Geschichte einem jungen Skin aufgebürdet, der zugleich als Opfer und Täter fungiert. Das macht das Buch zwar sehr problemlastig, zwingt aber die Leser, sich die Vielschichtigkeit der Botschaft auf rationale und emotionale Weise zu erschließen. Aus der Ich - Perspektive redet Wolfgang Schwarzer über sich in 24 episodenhaft aneinander gereihten Kurzkapiteln in einer gefühlsgetriebenen, mitunter verroht wirkenden Sprache. Dadurch kommt es zu einer sehr lebendigen, glaubwürdigen Darbietung:
Wir waren Rechte, hatten Glatzen, nannten uns Skins, und doch waren wir mehr. Du bist erst einmal gegen etwas. Du willst etwas zerschlagen, auf das du einen Hass hast. Aber als Rechter willst du ja mehr, du willst die alte Ordnung. Das bedeutet Disziplin, Durchsetzen dieser Ordnung: Ausländer raus, Juden raus. Deutschtumpflege. Und trotzdem . Trotzdem fehlte da was. Andy war wieder bei seinem Vater gewesen...Andy und sein Vater. “Du kannst jederzeit zurückkommen”, hatte er zu Andy gesagt. Andy machte weiter mit. Trotzdem. Obwohl er Bedenken hatte.” Sie kümmern sich”, sagte er. “Und dafür nimmst du ´ne Menge in Kauf. Dafür, dass du dich wieder sicher fühlst und weißt, wohin du gehörst.” (S. 87)
Dieser Andy verletzt jedoch mit seinen Bedenken wiederholt die Gruppennorm:
Er verurteilt den von der Gruppe verübten Totschlag an einem Syrer ... “Mensch ist Mensch”... “ Während eines Brandanschlags auf ein Flüchtlingsheim rettet er ein Asylantenkind und wird deshalb von seinen eigenen Kameraden als Verräter gelyncht und tot geschlagen. Ob “Schwarzer, Wolf, Skin”, der sich subjektiv verlassen vorkommt, nach seiner Verhaftung den Ausstieg schafft? Als Kind eines alkoholabhängigen Vaters, der seine Söhne misshandelt und seine Tochter missbraucht, vermisst die Familie Hilfe vom Jugendamt.
“Eigentlich hatte ich mich danach immer gesehnt , schon als Kind: dass mir einer sagte , was wahr und richtig ist. Wer sagt einem das denn in unserem Staat? Keiner...Kirche, Eltern, Schule. Wer spricht schon mit uns... Wir lernen diese wahren und richtigen Worte ja von keinem.” (S. 58)
In diesem aus aktueller Sicht überarbeiteten Jugendbuch werden vorbeugende Sozialarbeit und ein wachsames Umfeld, das Jugendliche vor Straftaten schützt, leider nicht erwähnt, auch nicht im umfangreichen Anhang, der für den Unterricht hilfreiche Materialien - Denkanstöße zum Thema - enthält:
- Begriffserklärungen zum Thema Nationalsozialismus
- Die Geschichte der Skinhead Bewegung
- Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Artikel 1 bis 7)
- Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Artikel 1 bis 4)
- Gegen böse Worte (Warum der Fußballprofi Jérome Boateng ein Schülerprojekt gegen Rassismus unterstützt)
-”Das wird man doch wohl noch sagen dürfen” (antirassistische Äußerungen von Pegida - Anhängern)
-”Warum fliehen Menschen? ” (Themenblatt Nr. 109 der Bundeszentrale für politische Bildung)
- Europäisches Asylsystem (Auszüge aus einer Presseschau)
- “Welt”: Zahl der Gewalttaten gegen Flüchtlinge gestiegen (Quelle: AFP, 5.11.2015)

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Diese Rezension wurde verfasst von Kra.
Veröffentlicht am 01.04.2016