Schokolade & andere Geheimnisse

Schlagwörter

• Abenteuer
• Familie

Teaser

Wenn Kinder ein Geheimnis haben, leiden sie mehr, als es die Großen wahr haben wollen. Jana hat Schokolade geklaut und braucht lange, lange, bis ihr eine Lösung des Problems einfällt, zu dem dieser kleine Mundraub wurde. Sie geht in eine bemerkenswert freie Schule und genießt die, ihr Bruder aber kommt in seinem Gymnasium überhaupt nicht klar. Er schwänzt, kneift schließlich aus und durch Zufall entdeckt Jana sein Versteck. Wieder ein Geheimnis. Aber sie hat gelernt und kann ihm helfen.

Beurteilungstext

Kleine Kinder haben kleine Sorgen? Von wegen! Aus der Sicht der Erwachsenen gilt das sicherlich, aber alles ist relativ und Heike Brandt versteht es unglaublich gut zu beschreiben, wie der kleine Diebstahl von drei kleinsten Schokolädchen zu einer schier endlosen und immer schwereren Belastung werden kann. Die Autorin lässt die kleine Übeltäterin hellhörig werden und beschreibt eine Fülle von kleinen Vergehen, die allesamt so alltäglich sind, dass sie von keinem ernst genommen werden. Aber Jana ist lernfähig und lebt inmitten vieler Menschen, die ihr helfen, sie unterstützen, auch wenn sie selbst gar nicht mit bekommen, wie sehr sie Jana helfen, das nächste, wirklich große Problem anzugehen. Der Bruder kommt in der Oberschule nicht klar, büxt aus und findet keinen Weg zurück. Die Nachbarin ist es schließlich, die rigoros den Vater auf seine Fehler aufmerksam macht. Überhaupt spielen die Erwachsenen eine große Rolle in diesem Drama, sie haben ihre eigenen Fehler, begehen eigene Dummheiten und sind blind gegenüber den faux-pas der Kinder. Dadurch bauscht sich alles gegenseitig auf und droht in ein unlösbares Chaos zu geraten. Aber immer im rechten Augenblick wird ein Teil der Geheimnisse gegenüber den richtigen Menschen gelüftet und die Entwicklung kann in die richtige Richtung gehen.
Jana hat ihre Lektion gelernt. Auf den letzten Zeilen verweigert sie ihrem Bruder ein weiteres Geheimnis anzuhören: Nein, ich will keine Geheimnisse mehr! - Und der Bruder kapiert und sagt etwas, was Brüdern selten über die Lippen kommt. - Aber das musst du selbst nachlesen. Und das Lesen lohnt sich schon deshalb, weil Heike Brandt dicht an der Sprache der Kinder bleibt, ohne sie direkt zu übernehmen; sie schreibt die Sprache der großen Kinderbuchautoren.
Die Umgebung der Großstadt Berlins spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Hier finden Kinder schnell Regionen, in denen sie ungestört sein können, auch im 21. Jahrhundert noch. Die Welt ist kunterbunt und die Grundschule Janas hat nichts mehr mit der Grundschule noch der 60er Jahre zu tun. Hier herrscht eine fröhlich-intensive Lernbereitschaft, es gibt verständnisvolle Lehrerinnen, die die Kinder fast unmerklich anleiten, selbständig zu lernen - ganz so, wie ich es aus den Grundschulen unserer Tage kenne. Nicht ganz selbstverständlich ist eine türkischstämmige Kassenlehrerin, ganz alltäglich ist die bunte Zusammensetzung der Klasse.
Und derlei Leichtigkeit und der Humor der Kinder werden auch durch die Karikaturen Susanne Göhlichs vermittelt. cjh11.11