Schandtat

Autor*in
Harmon, Michael
ISBN
978-3-570-30653-6
Übersetzer*in
Link, Michaela
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
286
Verlag
Gattung
Ort
München
Jahr
2010
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
7,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Poe Holly ist ein Problemkind, zumindest sieht ihre Mutter das so. Deshalb wird sie in die Kleinstadt Benders Hollow verbannt, zu ihrem Vater, den sie gar nicht kennt. Mit ihrer neuen Schule wird sie schon fertig, immerhin ist es nicht ihre erste Strafversetzung. Poe schwimmt stets gegen den Strom und so kommt es, wie es kommen muss. Die Punkerin legt sich mit ihrem Vater, dem Schulsystem und nicht zuletzt ihren Mitschülern an. Als das Ganze eskaliert, ist sie nicht die einzig Betroffene.

Beurteilungstext

Die sechszehnjährige Poe Holly ist wirklich kein durchschnittliches Mädchen. Während ihre Mom als Ärztin in Südamerika die Welt rettet, rächt sich Poe auf ihre Art für das Gefühl, entbehrlich zu sein: es ist Zeit, für eine neue Frisur. Jedoch fällt sie nicht nur mit ihrem Erscheinungsbild, sondern auch mit ihrer unkonventionellen Art auf. Gezwungen Los Angeles zu verlassen und ein Jahr lang in Benders Hollow zu leben, lernt Poe nach etlichen Jahren ihren Dad kennen, der hier lebt und sich um sie kümmern soll. Dass David ein Durchschnittstyp ist, erscheint ihr anfangs nicht weiter bemerkenswert, aber warum muss er ausgerechnet der Schulpsychologe sein? Nach mehreren (Streit-)Gesprächen lernen beide sich näher kennen und kommen der Wahrheit immer näher. Warum hat ihr Dad sie damals im Stich gelassen? Beide müssen mit Vergangenheit und Gegenwart zurechtkommen.
Poe ist Punkerin aus Überzeugung. Sie würde nie freiwillig mit dem System mitgehen. Schnell freundet sie sich mit zwei weiteren Außenseitern an, Velveeta und Theo. Beide könnten nicht unterschiedlicher sein. Velveeta liebt Käse über alles (daher auch sein Name), ist schlichtweg "einfacheren Gemüts" und der Prügelknabe der Schule. Besonders der Football-Star der Schule, Colby Morris, hat es auf ihn abgesehen. Theo hingegen ist hochintelligent, Sohn des Bürgermeisters und glaubt ebenfalls wie Poe nicht an das System. Zwischen beiden entwickelt sich eine leise Liebesgeschichte.
Weder Poe noch Theo wollen in der Schule eine Drohne sein. Während Theo sich aber auf seine bissigen Kommentare zurückzieht, geht Poe zum Angriff über. Sie will keine Konformität und vor allem nicht unsinnige Vorschriften befolgen. Das Buch beschreibt aber nicht nur das Aufbegehren einer Heranwachsenden. Es ist zugleich auch ein Aufruf, nicht alles hinzunehmen und die Regeln immer wieder zu hinterfragen. Denn zu guter Letzt ist man immer noch sich selbst gegenüber verantwortlich. Poe ist sehr direkt und gerade mit ihrer Logik ein Sympathieträger. Mit ihr kann man sich leicht identifizieren und manch einer wäre sicherlich selbst gerne so stark und selbstsicher. Dabei hat auch Poe Zweifel und verzweifelt fast an ihren Problemen. Aber gerade das macht diese Figur eben auch glaubwürdig.
Poe fordert die Schulleitung beispielsweise heraus, indem sie nicht in der gewünschten Sportuniform erscheint. Darauf hingewiesen, dass diese Pflicht sei, weist Poe auf andere Kleidungen im Sportunterricht hin. Also wird die Aussage auf Benders-High-Uniformen ausgeweitet. Poe findet es unfair, dass somit nur Footballer und Cheerleader ihre Trikots anbehalten dürfen. Aber dann wagt sich die Punkerin in den elitären Schulchor der Schule und nun besitzt sie eine offizielle Schuluniform. Als Poe daraufhin ihr Chorgewand im Sportunterricht anzieht, muss sie erneut zum Schulleiter. Dieser versteht zwar ihren Standpunkt, kann die Regeln aber auch nicht ändern. Gerade das müssen wir alle ja irgendwann lernen: dass es Zeiten gibt, wo es nicht weitergeht. Manche Kämpfe kann man nicht gewinnen und so muss man entscheiden, welche man wirklich ausfechten will. Aber Poe wollte vor allem auf die Missstände hinweisen.
Aber auch Poe macht nicht alles richtig. Aus Wut schlägt sie Colbys Freundin Anna und löst damit eine Katastrophe aus. Neben dem Kampf gegen das System und der Liebesgeschichte, die fast im Hintergrund abläuft, bildet ein zweites großes Thema in diesem Buch die Gewalt. Verkörpert wird diese durch den brutalen Colby, der dank seiner gesellschaftlichen Stellung als Football-Star und durch die Beziehungen seiner Eltern denkt, er könne alles machen. Mit anfänglichen Schikanen und Mobbing beginnt es und endet in einer blutigen Schlägerei, der man einfach hilflos gegenübersteht. Grenzen werden wissentlich überschritten, da kaum Gegenwehr oder Strafe erwartet wird. Aber Poe findet schließlich einen Weg, um auch Colby in seine Schranken zu weisen.
Das gesamte Buch ist im Ich-Stil aus der Sicht von Poe geschrieben. Es ist ihr Kampf gegen das System und gegen die Gewalt, den der Leser miterlebt. Beides werden wohl immer aktuelle Themen bleiben.
Gut dargestellt sind auch die anderen Charaktere, die keineswegs blasse Karikaturen wie in anderen Geschichten über das Leben an einer High-School sind.
Es ist dem Autor gelungen, den Leser mit in seine Welt zu nehmen. Dank einer leicht verständlichen Sprache und einer stringenten Handlung kann jeder der Geschichte gut folgen. Der Inhalt des Buches wird Jugendliche interessieren und sollte auch für Diskussionen genutzt werden. Während Poe im Roman alle Missstände aus dem Weg räumt, können die allgemeinen Probleme nicht gelöst werden. Niemand kann Ungerechtigkeit und Gewalt einfach aus der Welt schaffen. Daher ist es gut, zum einen daran zu erinnern, dass es diese Probleme gibt und andererseits auch zu sehen, dass sie manchmal gelöst werden können, wenn man bereit ist, seinen Preis zu bezahlen. Ich kann das Buch nur empfehlen und hoffe, dass es die jugendlichen Leser stärker macht. Es ist ein Appell, für die gute Sache einzutreten, dem man sich schwer entziehen kann.

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Diese Rezension wurde verfasst von DaGO.
Veröffentlicht am 01.01.2010