Sankt Irgendwas

Autor*in
Bach, Tamara
ISBN
978-3-551-58430-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
128
Verlag
Carlsen
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Hamburg
Jahr
2020
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
FreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
13,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Irgendetwas Gravierendes muss passiert sein während der Klassenfahrt der 10b. Dabei ging es doch als ausgewiesene Studienfahrt sogar ins Ausland. Aber jetzt ist eine dringende Klassenkonferenz einberufen worden. Mit verpflichtender Teilnahme sämtlicher Eltern. Und über die Folgen wird schon eifrig gemutmaßt: Verwarnung der gesamten Klasse? Oder werden sogar alle der Schule verwiesen? Man wird sehen…

Beurteilungstext

Der im Aufmacher angeführte Text aus Tamara Bachs Roman „Sankt Irgendwas“ klingt einigermaßen dramatisch: „Es gibt einen Plan. … Sagen wir einfach: Alle waren beteiligt. Die ganze Klasse. Alle tragen Schuld.“ (S. 85). Dabei geht es um nicht mehr – und auch nicht weniger – als ein altes Handy, das während der Klassenfahrt einen Anruf meldet. Bei zuvor verkündetem absolutem Handyverbot ist das gewiss fatal. Da sich trotz Androhung schwerster Konsequenzen niemand als Besitzer outet, verdonnert der unbeliebte Lehrer Dr. Utz die gesamte Klasse zu Küchendienst. Warum das Handy überhaupt benutzt wurde, danach fragt er nicht. Es ist nicht die einzige Situation, die zu einer massiven Verschlechterung des Schüler-Lehrer-Verhältnisses beiträgt. Und schließlich in einer kleinen Katastrophe endet.
Die Geschichte startet mit einer sich über 14 Seiten erstreckenden, eher banalen Schülerdiskussion. Wer genau dabei mit wem spricht, bleibt unklar. Der weitere Verlauf wird in Form von Schülerprotokollen erzählt. Eine nicht sonderlich untypische Studienfahrt, von der nicht alle Beteiligten zu jedem Zeitpunkt begeistert sind. Vor allem dann nicht, wenn man sich infolge schlechter Vorbereitung seitens des Klassenlehrers bei brütender Hitze auch noch verläuft. Handy- und Alkoholverbot werden ebenfalls nur unwillig akzeptiert. Dass ein Busfahrer eigenmächtige Fahrten mit der Klasse unternimmt, mag ganz nett klingen, dürfte aber real schwerlich passieren. So weit, so gut.
Tamara Bach bewiest sich erneut als feine Beobachterin mit ausgezeichnetem Sprachgefühl. Das Ergebnis ist im konkreten Fall jedoch nur mäßig überzeugend. Bach bewegt sich allzu sehr im Vagen, was sich bereits im Buchtitel 'Sankt Irgendwas' andeutet. Irgendwas, irgendwo, irgendwer, irgendwann. Keine klaren Ansagen, egal, ob es etwa um die besuchten Orte der Studienreise, die miesepetrige Laune des Klassenlehrers, den zweifellos wichtigen Grund für das Klingeln des Handys oder die Art der Solidarisierung der gesamten Klasse geht. Und auch die Auflösung dessen, was tatsächlich geschehen ist, bleibt vage. Der angedeutete Spannungsaufbau bleibt weitestgehend auf der Strecke und verliert sich im Irgendwo. Das ist unbefriedigend, nachdem man schon den arg ausgedehnten und ziemlich spannungslosen Prolog hinter sich hat.
Gewiss lässt sich der Wert von Solidarität innerhalb der Klassengemeinschaft betonen. Oder auch das Recht, sich gegen eine offensichtlich falsche Verhaltensweise übergeordneter Instanzen zu wehren. Das ist im konkreten Fall die Person des Lehrers Utz, dessen pädagogische Fähigkeiten allenfalls marginal ausgeprägt zu sein scheinen. Doch das wird in seinem Warum und Wieso allenfalls andeutungsweise, zwischen den Zeilen kaum erahnbar näher hinterfragt. Es ist keineswegs gerechtfertigt, diese wenig konkrete Denkweise als typisch jugendliches Lebensgefühl zu bezeichnen, wie dies in diversen Rezensionen geschieht. Das mag aus Sicht der Erwachsenen, die sich nostalgisch an mehr oder weniger geglückte Klassenfahrten erinnern mögen, vielleicht sogar stimmen. Für jugendliche Leserinnen und Leser ab 14 Jahren dürfte das Buch - das zunächst viel Spannung verspricht, aber wenig davon umsetzt - indes als literarisches „Irgendwas“ nicht sonderlich attraktiv sein. Die im Buch angesprochene Problematik mag durchaus für eine nähere Behandlung als Diskussionsgrundlage im Unterricht entsprechender Jahrgänge geeignet sein; ob sich Schüler vom Text tatsächlich begeistern lassen, ist eher fraglich.

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Diese Rezension wurde verfasst von Gerd Klingeberg; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 12.12.2022