Sandor slash Ida
- Autor*in
- Kadefors, Sara
- ISBN
- 978-3-551-58102-0
- Übersetzer*in
- Dörries, Maike
- Ori. Sprache
- Schwedisch
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 320
- Verlag
- Carlsen
- Gattung
- –
- Ort
- Hamburg
- Jahr
- 2004
- Lesealter
- 14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Bücherei
- Preis
- 13,50 €
- Bewertung
Teaser
Sandor ist fünfzehn, tanzt leidenschaftlich Ballett und wird von seinen Klassenkameraden für schwul gehalten. In seiner Einsamkeit trifft er im Internet-Chat auf die vierzehnjährige Ida, genauso einsam und doch in allem völlig verschieden von ihm. Wie beide sich emanzipieren, ihren eigenen Platz und Wert im Leben finden und sich selbst akzeptieren lernen, davon erzählt dieses Buch.
Beurteilungstext
Unterschiedlicher als diese zwei, die sich - vielleicht - ganz am Schluss tatsächlich doch noch kriegen, können eigentlich Menschen kaum sein: Sie modelmäßig schön, beliebt, erfolgreich, mit allen Wassern gewaschen, die “Queen” - er durchaus gutaussehend, aber schüchtern, unselbstständig, unerfahren, der “Fußabtreter vom Dienst”. Und doch, in ihrem tiefsten Inneren sind beide gleich, gleich einsam, gleich voller Hass auf das Leben, das sie führen, gleich voller Angst vor der Meinung anderer, gleich voller Sehnsucht nach echter Liebe.
In einer zeitweise fast unübersichtlich durcheinanderrankenden Geschichte mit zwei ständig wechselnden Erzählsträngen dröselt Sara Kadefors diese Leben auf, verdeutlicht in verblüffend intensiver Weise all die Unsicherheiten, die in dieser Lebensphase normal sind, wenn auch nicht immer in solcher Härte. Dazu kommen die Ausleuchtungen des jeweiligen familiären Hintergrundes, ihre depressive, alleingelassene Mutter und sein gefühlskalter Vater und die Mutter, die ihre eigenen Träume jetzt in Sandor verwirklichen will, nachdem sie bei seinen älteren Geschwistern schon gescheitert ist. Es passt fast zu gut in den Rahmen eines schwedischen Buches, dass auch die verheerenden Wirkungen des Alkohols in extenso zur Sprache kommen, aber auch dieser Komplex fügt sich bruchlos ein und wirkt nicht als aufgesetzter Fremdkörper.
Was kann nun ein jugendlicher Leser aus dieser Geschichte lernen? Vor allem das Schwerste, gerade in Pubertätszeiten: Sei du selbst, verwirkliche deine Wünsche, Träume und Ziele, frage nicht nur nach der Meinung anderer Leute, aber frage, wer wirklich dein Freund ist und wem du Freund sein kannst. Das ist keine erschütternd neue Erkenntnis, aber das macht sie nicht weniger wahr und grundlegend. In “Nebenrollen”, darum aber nicht weniger tief durchdacht, kommen noch mögliche Probleme wie die sexuelle Orientierung oder Fragen der Integration von Ausländern und die Gefahren der verdeckten Identität in Chatrooms ins Spiel, erfrischend unkompliziert angegangen, glaubhaft geschildert und wünschenswert offen umgesetzt.
Der einzige Ansatz für mögliche Kritik sind einige etwas zu glatte Rundungen im Problemzickzack: Es gibt fast nur schöne Menschen, alle haben materielle Güter im Überfluss, auch ein extensiv wechselnder Geschlechtsverkehr macht nur Imageprobleme, von gesundheitlichen Gefahren oder unerwünschten Schwangerschaften ist keine Rede. Das muss natürlich auch nicht sein, engt aber den Erfahrungshorizont der Akteure wie der Leser in untypischer Weise ein. Aber man kann eben nicht alles haben, spannend und emotional packend ist dieses Buch auf jeden Fall.