Sam und die Evolution: Eine kurze Geschichte der Evolutionsbiologie

Autor*in
Grill , AndreaSchöbitz, Raffaela
ISBN
978-3-7022-4046-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Schöbitz, Raffaela
Seitenanzahl
160
Verlag
Tyrolia
Gattung
Erzählung/RomanSachliteratur
Ort
Innsbruck
Jahr
2022
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Freizeitlektüre
Preis
24,95 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der junge Sam im Entdeckeralter bringt von einer Exkursion einen bislang unbekannten Käfer nach Hause. Dieser wirft viele Fragen auf, welche in die biologische Evolutionstheorie einführen und welche er zusammen mit seiner Mutter, einer lang erfahrenen Biologie-Expertin, im Sinne eines problemorientierten Lernens ausdiskutiert. Auf mehreren Ebenen wird die Entwicklung der Evolutionstheorie und deren Begleitumstände kursorisch abgehandelt mit Themen, die sich u.a. mit den Namen Aristoteles, Thomas von Aquin, Darwin, Mendel und dem Genforscher Ernst Mayr verbinden.

Beurteilungstext

In einem kindlich-populärwissenschaftlichem Stil werden auf 160 Seiten die umfassenden Gedanken und Forschungen über die Entstehung der Welt, die Herkunft von Pflanzen, Tieren und nicht zuletzt des Menschen dargelegt. Die Autorin, die sich eigenen Angaben zufolge selbst über 10 Jahre mit der Evolutionsforschung von Insekten, Eichhörnchen und Haselmäusen befasst hat, beschreibt die Entwicklung der Evolution-Theorie von der Antike bis zur Gegenwart, von Aristoteles, Darwin, Mendel, Berta von Suttner, um einige der 12 besprochenen Forscher zu benennen. Darin wird eingegangen auf die Leistungen der Forscher:innen wie auch auf deren begleitenden Lebensumstände, hierzu parallel auch die religiösen und politischen Strömungen.
Im Erzählstil wird das breite Evolution-Thema auf 4 Erzählebenen abgehandelt:
Auf der Informationsebene vermittelt Sams Mutter, selbst sozusagen Expertin, sachlich auf laienhaftem Niveau die Lehrinhalte - ohne fachbezogene Abbildungen. In der Darstellungsebene dominieren die umfangreichen Tagebuchaufzeichnungen des Ich-Erzählers Sam, welche im wesentlichen eine antibiotikumspflichtige Halsentzündung ausführlich beschreiben wie auch sonstige alltägliche Lebensumstände. Weitere Darstellungsebenen bilden die in sich kurz gehaltenen Bildergeschichten und Dialoge, welche zumeist biographisch bedeutsame Episoden aus dem Leben der Forscher*innen abbilden.
Kritisch gesehen hat sich die Autorin In ihrem Buch offensichtlich dem Ziel verschrieben, den unbedarften jungen Leser in die Evolutionsbiologie einzuführen, indem sie den wißbegierigen und jungenhaften Ich-Erzähler, Samuel, auf die Entdeckungsreise schickt.
Die "Kurze Geschichte der Evolutionsbiologie" vollzieht sich auf den vier Erzählebenen. Auf diese Weise eröffnen sich zum Thema zwar unterschiedliche Perspektiven, doch ist aus didaktischer Sicht dieser Ansatz nicht unproblematisch: Durch den sprunghaften Wechsel auf die verschiedenen Erzählebenen innerhalb eines Kapitels droht der Gedankenfluss gestört zu werden, und ein abgerundeter Ersteindruck vom Evolutionsgedanken kommt nicht über. Mitunter wirkt dieser Erklär-Mix mit seinen banalen Inhalten nahezu aufgebauscht und überflüssig. Der echt am Thema Evolution interessierter Leser ist auch nicht auf Comics und bebilderte Dialoge angewiesen.
Die fachlichen Erklärungen verlangen vom Leser mitunter ein gewisses Wissenschaftsfeeling angesichts der mitunter zu fachlich verwendeten Fachbegriffe und Formulierungen ("Menschen ... haben auch rezentere gemeinsame Vorfahren."; "Transformationen innerhalb der Lebenszeit eines Individuums"; "Goulds Arbeiten zeigten, dass jede Art variabel war und sich Artgrenzen nicht feststellen ließen."). Im letzten Zitat hätte sich der Leser eingehendere Beispiele gewünscht. Schade auch, dass der ganzseitige, in Englisch abgefasste Brief von Darwin an seinen Botaniker-Kollegen Henslow nicht ins Deutsche übersetzt worden ist, der geneigte Leser als der nicht im Englischen versierte Wissenschaftler wäre den Überlegungen von Herrn Darwin näher gekommen. Auch im Text werden zum Nachteil der Leseadhärenz fachliche und biographische Fakten mitunter nicht scharf genug getrennt.
Die insgesamt sehr klein gehaltenen grafische Abbildungen dienen mehr der Dekoration des Layouts, als dass sie die Textaussage informativ unterstützen. Wünschenswert ist auch die größere und leserliche Darstellung der Skizze von Darwins erster Idee vom Stammbaum. Gelegentlich beigefügte kurze Anmerkungen zu denAbbildungen sind zudem in äußerst dicht gedrängten Großbuchstaben dargestellt und schwer leserlich.
Weniger wissenschaftlich umfasst das Buch auch interessante Themeninhalte, welche die Begleitumstände des entstehenden Evolutionsgedankens abbilden. So etwa der Konflikt zwischen dem kirchlichen Gottesverständnis und den naturwissenschaftlichen Forschungsergebnissen oder auch feministische Aspekte, nach denen sich die Frauen in der Forschung hochverdient gemacht haben. Sams Tagebuchaufzeichnungen zeigen auf, welche Gedanken, Fragen und Zielvorstellungen in dem jungen Forscherhirn wach werden. In den Gesprächen mit der Mutter wird auch angedeutet, wie die wissenschaftliche Zusammenarbeit heutzutage abläuft.
All diese Aspekte geben dem Buch letztlich dennoch einen gewissen informativen und unterhaltsamen Charakter. Dieser Erzählmodus soll - so erschließt es sich dem zugewandten Leser - die Abneigung gegen das nebulöse Thema Evolution abbauen helfen. In wie weit dies der Autorin gelungen ist, sei letztlich dem Urteil des Lesers überlassen.
Zusammenfassend sei festgestellt, dass der rein naturwissenschaftlich interessierte Einsteiger mit diesem Buch nicht auf seine Kosten kommen wird. Der Evolution-Lernanfänger hätte sich ein Mehr an Informationsqualität (z.B. Abbildungen) und Erklärungen auf Anfängerniveau gewünscht. Das Preis-Leistungsverhältnis sollte im Hinblick auf die Leseerwartung kritisch beurteilt werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von Gierlich35; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 11.10.2022

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