Rund ums Pappbilderbuch

Autor*in
Spanner, Helmut
ISBN
978-3-96304-600-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
64
Verlag
Burckhardthaus
Gattung
Taschenbuch
Ort
München
Jahr
2018
Lesealter
0-3 Jahre4-5 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Pappbilderbücher sind die ersten literarischen Werke, mit denen Kleinst- und Kleinkinder in Berührung kommen und beschäftigen. Was machen gute Pappbilderbücher aus? Wie nehmen Kinder Bilder wahr? Wie sollen Illustrationen qualitativ hochwertiger Pappbilderbücher aufgebaut sein? All diesen Fragen folgt Helmut Spanner in seiner nun der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglichen Examensarbeit.

Beurteilungstext

Die Welt ist faszinierend. Sie ist für Kleinst- und Kleinkinder zunächst voller Rätsel: Wie fühlt sich Metall an? Kitzelt die Bürste? Wie nutzt man dieses runde Ding beim Essen genau? Wie heißt dieses Tier? Die Bezugsperson macht dazu einen bestimmten Laut. Erst ein Stück später er-höhrt und be-greift das Kind das Ding bei seinem Namen. Wahrnehmung im Kleinst- und Kleinkinderalter geschieht über alle Sinne. Stück für Stück erobern sich die kleinen Menschlein ihre Umwelt. Einen großen Schritt gehen die Kinder mit den ersten Bucherfahrungen. Die reale dreidimensionale, fühl-, hör-, riech- und tastbare Welt wird in einer zweidimensionalen abgebildet. Die Katze, die gerade eben noch um die Beine strich, sieht das Kind jetzt im Buch. Es fasst an und fühlt... keine weichen Haare, sondern Papier. Es sieht ein bekanntes Ding und erfühlt etwas völlig anderes. Kein Wunder, dass das Kind ins Buch hineinbeißt.

Diese große Herausforderung an die kindliche Abstraktionskraft und die Schlüsselfunktion des Pappbilderbuches beschäftigte den Kinderbuchillustrator Helmut Spanner schon seit seiner künstlerischen Ausbildung an der Münchner Akademie der Bildenden Künste in den 1970er Jahren. In Arbeitsgruppen, in Gesprächen mit Kollegen, in genauen Beobachtungen der Kinder und durch Fachlektüre folgte er den Fragen, wie erfolgt frühkindliche Wahrnehmung, was macht ein gutes Pappbilderbuch aus, wie sollte es aufgebaut sein, welche Ilustrationstechniken unterstützen die Kinder in der Sehwahrnehmung, welche Rolle spielt das Pappbilderbuch in der literarischen Erfahrung eines Kleinkindes usw. Darüber schrieb er letztlich seine Abschlussarbeit "Rund ums Pappbilderbuch" 1976, die nun der Verlag Burckhardthaus mittels eines Nachdruckes der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich macht.

Dieses broschierte, dünne Bändchen ist auch nach über 40 Jahren eine echte Offenbarung in der Kinderliteratur und darf nicht zu gering geschätzt werden. Helmut Spanner geht konsequent, klar argumentierend, anschaulich zeigend, gut verständlich in acht Kapiteln fokussiert dem Thema nach. Er zeigt sehr deutlich, wie Kleinkinder die Welt sehend, fühlend wahrnehmen. Er zeigt sehr anschaulich und eindringlich diese hohe Abstraktionsfähigkeit dieses kleinen Kindes auf, reale Dinge aus seiner Umwelterfahrung in dem zweidimensionalen Buch wieder zuerkennen - ein Kind, das meist sich im aktiven Sprachgebrauch mit Ein- oder Zweiwortsätzen so manches Mal mühsam verständigt! Spanner erläutert sehr konkret die Kriterien für ein qualitativ hochwertiges Bilderbuch, nicht nur in den Illustrationen, sondern auch in der Themenwahl, in der Konzeption, in der Farbwahl, im Illustrationsstil, in der Bildkomposition. Dabei zeigt er positive und negative Fallbeispiele anhand zwei, drei ausgewählter, damals aktueller Pappbilderbücher.

Diesem Nachdruck ist lediglich ein Vorwort des Verlegers Gernot Körner beigegeben. Hin und wieder wurden Rechtschreibfehler korrigiert. Ansonsten gibt es keine weiteren Eingriffe. Nach der eindrücklichen, lehrreichen Lektüre, die die Welt auf das Kind, auf seine Wahrnehmung und die Rolle guter bzw. schlechter Pappbilderbücher aufzeigt, sieht man so manches Kinderbuch mit kritischeren Augen: dient es tatsächlich dem Kind oder lediglich der Veröffentlichungswut des Verlages?

Am Ende der Lektüre wünscht man sich mehr über die Entstehung der Arbeit, ihrer Umstände, der Motivation Spanners, sich genau diesem Thema in der künstlerischen Ausbildung und über seinen ganzen, erfolgreichen Schaffensweg hinweg zu widmen. Solche Beigaben wären die Sahnetüpfelchen gewesen, die vielleicht in einer weiteren Auflage kommen mögen.

Nichtsdestotrotz ist die Fachlektüre "Rund ums Pappbilderbuch" ein Muss, ein Grundlagenwerk für jegliche frühkindliche Pädagogenarbeit und -ausbildung, für Lektorentätigkeit in den Verlagen, in der Buch- und Bibliothekarsausbildung. Es ist ein wichtiger Schritt des Verlages, diese Arbeit heute noch einmal veröffentlicht zu haben! Dafür sei ihm gedankt, ebenso Helmut Spanners dem Kind liebevoll zugewandte Art, die sich in seinen Büchern, ja in seiner Lebenseinstellung zeigt. Es sollte auf jeden Fall in jeder Bibliothek, in jedem Kinderbuchverlag und in jedem Kindergarten stehen!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von BW; Landesstelle: Sachsen.
Veröffentlicht am 01.10.2018

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