Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen

Autor*in
Blum, Isaac
ISBN
978-3-407-75721-0
Übersetzer*in
Schiffer, Gundula
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Lédl, Dana
Seitenanzahl
224
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
Buch (gebunden)
Ort
Weinheim
Jahr
2023
Lesealter
14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Das ist ein Liebesroman – denkt man, wenn man die Rückseite des Covers liest. Aber es ist viel, viel mehr und reiht sich nicht in die Reihe der vielen Herz-Schmerz-Liebeskummergeschichten ein.

Beurteilungstext

Das ist ein Liebesroman – denkt man, wenn man die Rückseite des Covers liest. Aber es ist viel, viel mehr und reiht sich nicht in die Reihe der vielen Herz-Schmerz-Liebeskummer-Romane ein.

Hoodie heißt eigentlich Jehuda und ist orthodoxer Jude. Er besucht die Talmudschule, befolgt einigermaßen willig und zuverlässig die ihm auferlegten Regeln. Bis er Anna-Marie kennenlernt, eine „Goje“, ein nichtjüdisches Mädchen, was er sofort an ihrem Namen erkennt.
Trotzdem verliebt er sich in sie, Familie und Gemeinde sind doppelt entsetzt, ist sie doch die Tochter der Bürgermeisterin, die der jüdischen Gemeinde eine wichtige Baugenehmigung verweigert.
Als Hoodie mit Anna-Marie Hakenkreuze von jüdischen Grabsteinen entfernt und dann auch noch bei einem antisemitischen Überfall auf seine Freunde nicht bei ihnen, sondern mit der „Schickse“ Anna-Marie unterwegs ist, wird er regelrecht unter Bann gestellt, tagelang spricht niemand aus seiner Familie und aus seinem Freundeskreis mit ihm, in der Schule sitzt er im „Karzer“ und muss den Talmud studieren. Kontakt zu Anna-Marie hat er mangels Handy auch nicht.
Hoodie erzählt uns seine Geschichte selbst. Er schildert seinen Alltag, der bisher gleichförmig und ohne Aufregungen verlief. In seiner Familie ist er der einzige Junge, seine ältere Schwester ist die wichtigste Person für ihn, die Mutter tritt kaum in Erscheinung, der Vater verlangt von ihm absolutes Befolgen der jüdischen Vorschriften und toleriert keine Regelübertretung. Für ihn bringt Hoodie Schande nicht nur über seine Familie, sondern über die ganze jüdische Gemeinde.

Durch Hoodies Schlagfertigkeit und Sarkasmus liest sich das Buch leicht und amüsant, trotz des schweren Themas
Als Leser ist man fassungslos über die Haltung der Erwachsenen auf beiden Seiten. Die einen wollen keinen Zuzug einer jüdischen Gemeinde dulden, die anderen beklagen, von den Gojs nicht akzeptiert, sogar drangsaliert zu werden, schotten sich ihnen gegenüber aber komplett ab, leben in ihrer eigenen Welt, verharren in einem jahrtausendealten Kontext.
Einzig der uralte „Oberrabbi“, den die Gemeinde extra zur Läuterung von Jehuda anreisen lässt, zeigt Verständnis und maßregelt Hoodys Vater.

Hoodie beginnt, sich aus dieser Klammer zu befreien. Die Beziehung zu dem Mädchen hat ihn dazu gebracht, über sich, das Judentum, seine Familie und Freunde nachzudenken und nicht mehr alles kritiklos zu akzeptieren.
Am Ende gibt es für die Liebesbeziehung der beiden eine sehr überraschende Wendung, dennoch machen sie Pläne für einen gemeinsamen Besuch der Universität in New York. Weit weg von ihrem sozialen Umfeld.

Das Buch ist sehr empfehlenswert. Erste Liebe, Erwachsen werden, Antisemitismus, Hass, Gewalt - alles sehr wichtige Themen, die die Leser*innen zum Nachdenken und Diskutieren anregen.
Für das Verhalten der Gemeinde kann sich wenig Verständnis entwickeln. Ist es noch zeitgemäß, dass Jugendliche sich nicht berühren dürfen (nicht mal die Hand reichen!)? Ist es noch zeitgemäß, ihnen den Zugang zu sozialen Medien komplett zu verbieten? Anna-Marie fasst es in einem Wutanfall zusammen: „Geh doch zurück nach Babylon! Ihr lebt in der Vergangenheit“.

Zu bemängeln ist, dass zahlreiche jüdische Begriffe und Regeln des orthodoxen Judentums nicht erklärt werden. Auf den Vorsatzseiten wird auf www.beltz.de/hoodie verwiesen, aber das empfinde ich als keine gute Alternative. Ein Glossar wär wünschenswert und hilfreich gewesen.

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Diese Rezension wurde verfasst von Dagmar Pliefke; Landesstelle: Berlin.
Veröffentlicht am 31.03.2023