Rotwölfchen

Autor*in
Fléchais, Amélie
ISBN
978-3-95839-994-5
Übersetzer*in
Bergen, Anne
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Fléchais, Amélie
Seitenanzahl
80
Verlag
Splitter
Gattung
Buch (gebunden)Comic
Ort
Bielefeld
Jahr
2021
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
19,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Im Mittelpunkt der Handlung stehen ,Rotwölfchen‘ und seine Begegnung mit dem Jäger und dessen Tochter. Das Wolfskind soll seiner Großmutter ein Kaninchen zum Fressen bringen, die Alte selbst kann nicht mehr auf Jagd gehen. Das Kleine wird vor dem grausamen Jäger und dessen Tochter gewarnt, lässt sich aber unterwegs überlisten und gefangen nehmen. In einem Lied wird ihm der Grund für den Hass der Menschen auf die Wölfe erklärt. Bevor ,Rotwölfchen‘ getötet werden kann, kommt Vater Wolf zu Hilfe.

Beurteilungstext

Die Geschichte von Rotkäppchen, seiner Großmutter und dem bösen Wolf kennen im europäischen Sprachraum fast alle Kinder und Erwachsene. Amélie Fléchais erschafft mit den Grundelementen dieses Märchens eine völlig neue Handlung und erzählt eine schreckliche Vorgeschichte, in der die Mutter eines Mädchens ums Leben kommt. Die Geschehnisse der Vergangenheit werden von den Menschen und Wölfen sehr unterschiedlich erinnert; in dieser Erzählung ist der Leser jedenfalls froh, wenn Vater Wolf am Ende „das überglückliche Rotwölfchen“ zurück zu „ihrem heißgeliebten Heim“ führt.

Die schönen Illustrationen der Künstlerin, die eine wirklich märchenhafte Welt erschaffen, ziehen den Betrachter schnell in ihren Bann. Der Wald leuchtet mal hell und freundlich, mal scheint er voller Geheimnisse, mal ist er dunkel und bedrohlich. Es gibt unterirdische Gänge und von Tieren bewohnte Baumhöhlen zu entdecken, zarte Pflänzchen und mächtige Baumriesen, Wasserläufe. Während zu Beginn helle Farbtöne vorherrschen und der Blick auf das leuchtend rote Mäntelchen von Rotwölfchen fällt, werden die Stimmung und die Farben der Bilder immer düsterer. In Braun- und Grautönen sind nun die bizarren Figuren und ihre Umgebung gezeichnet, so dass man gut nachvollziehen kann, wie das Wölfchen „starr vor Angst“ wird, wenn es den Jäger sieht. „Dieser Mensch glich einer wilden Bestie, er hatte einen irren Blick!“ Kleineren Kindern werden Bilder und Text wohl zu gruselig sein. Auch andere Szenen können Angst auslösen: das genussvolle Verspeisen des Kaninchens durch Rotwölfchen, die Überwältigung des Jägers und dessen Tochter durch Vater Wolf, der Jäger mit seiner toten Frau in den Armen…

Mädchen und Jungen unter neun Jahren wird es wohl auch schwer fallen, die unterschiedlichen Handlungsstränge zu verstehen. Das aktuelle Geschehen wird ergänzt durch zwei voneinander abweichende Vorgeschichten, die in Form eines Liedes erzählt werden. In der Fassung der Menschen wurde der Mutter der Familie von den Wölfen, den „seelenlosen Bestien“ aufgelauert. Seit jenem Tag verfolgen der Jäger und seine Tochter nun diese „bösartigen“ Tiere und töten sie in ihrem Hass. In der Fassung der Wölfe jedoch war die Mutter eine ihnen wohlgesinnte Frau, die mit ihren selbstgefertigten Stoffen die Tiere bei Vollmond besuchte. „Sie ging zu den Wölfen, denen sie verbunden war… , und schenkte ihnen voller Güte ihre kostbare Arbeit.“ So erhielt auch Rotwölfchen sein Mäntelchen. In dieser Fassung kam die Frau durch den Schuss ihres Mannes zu Tode, als er sie voller Entsetzen in der Gesellschaft der Wölfe überraschte.

Die Geschichte regt zum Nachdenken an und zeigt, dass Geschehnisse unterschiedlich betrachtet und erinnert werden können, dass Trauer und Hass die Wahrheit vertreiben und böses Verhalten seine Vorgeschichte hat. Kinder ab etwa neun Jahren, sowie Jugendliche und Erwachsene, die sich für Märchen interessieren, werden sich von der Erzählung und - vor allem - von Amélie Fléchais' ausdrucksstarken Illustrationen in den Bann ziehen lassen. Das Buch ist erschienen bei „toonfish“ im Splitter-Verlag, der auf Graphic Novels und Comics spezialisiert ist, hier wird es eine passende Leserschaft finden.

Anmerkung

Die Geschichte ist "inspiriert von Charles Perraults Märchen ROTKÄPPCHEN".

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Diese Rezension wurde verfasst von htd; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 13.08.2022