Rein ins Paradies, Baby

Autor*in
ISBN
978-3-522-20122-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
283
Verlag
Thienemann
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2011
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eine Road-Story von erstaunlicher Leichtigkeit, dennoch mit Tiefgang: Die Kinderzeitfreundin von Eva braucht Hilfe. Eva vergisst das, dann stürzt sie deswegen ab und findet sich in einem Truck wieder. Sie hat Glück, der Trucker ist sympathisch und nimmt sie mit nach Spanien. In Tarifa sucht derweil Jule das Glück der Kindheit, findet aber Drogendealer und geile Alte. Bevor sie richtig abstürzt, findet Eva sie und gemeinsam mit dem Trucker Adam fahren sie zurück.

Beurteilungstext

Als Eva volltrunken dem Fernlaster vor die Stoßstange taumelt, bleibt sie zwar unverletzt, es stoßen aber zwei astronomisch weit voneinander entfernte Welten aufeinander: Eva stammt aus einer begüterten Familie, spielt Klavier, hat einen festen Freund, und der Lebensweg der 16-Jährigen ist sicher verplant: Das Pärchen geht als nächstes für ein Unternehmungsberaterteam nach London, hat dort schon eine Wohnung und freut sich darauf. In diesem Moment erreicht Eva der Notruf ihrer Freundin aus Kindertagen, Jule. Das heißt, eigentlich schon Wochen früher, sie hatte es nur vergessen. Die Polizei sucht sie und stößt dabei auf Evas Adresse. Jule ist verschwunden, Eva vermutet sie in Tarifa, wo beide ihre letzten glücklichen gemeinsamen Tage verbrachten. Jule stammt aus einer wiederum völlig anderen Welt, der des Tanzes, des Im-Augenblick-Lebens, die Mutter ist lebensuntüchtig, sieht in jedem Mann den ihres Lebens, was die aber leider nicht teilen. Nach einer finalen Katastrofe verunglückt sie tödlich, Jule hatte immer auf die Mutter aufgepasst, nur an diesem Tag nicht. - Eva weiß nicht, was tun, versumpft in einer Bar und findet sich in dem Fernlaster wieder, der ausgerechnet nach Südspanien fährt. Und der Fahrer heißt Adam. Und ist Trucker durch und durch, pflichtbewusst und pünktlich, lebt nur für den Tag (und die einzuhaltenden Termine), isst ungesund und hat eine drei Jahre alte Zahnbürste. Aber Eva entdeckt auch viele positive Seiten an ihm. Und was anfangs nur schief gehen konnte, wendet sich zum Guten.
Die Fahrt ist ein einziges Drama, immer wieder droht die Trennung, Adam setzt sich durch, Eva setzt sich durch - eigentlich verstehen beide erst, was sie aneinander gut finden, als Eva endgültig aussteigt und per Zug den Rest der Reise macht. Gemeinsam mit dem Riesenhund, den sie unterwegs adoptiert hat, zum Graus Adams.
Inzwischen ist Jule tatsächlich nach Tarifa gekommen und gerät dort in die Finger eines Drogendealers, meint den unendlich zu lieben - der Leser versteht, ihr Drama ist das gleiche, das das Leben ihrer Mutter bestimmte. Eva erscheint im letzten Augenblick, sie hat Adam zu Hilfe rufen können und soweit geht alles gut aus.
Diese Road-Story lebt nicht nur von ihrer Konstruktion, die ebenso abenteuerlich wie glaubhaft ist, sondern vor allem von der Fülle der Ideen und der Sprache. Die Protagonisten bewegen sich immer am Rande eines Dramas, ironisieren sich selbst, leben ein anderes Leben als das, was ihnen eigentlich auf die Nerven ging. Das aber haben sie vorher nicht gesehen. Erst das Aussteigen aus den festen Bahnen gibt ihnen die Befriedigung, auf dem rechten Weg zu sein - der zwar aus der Sicht der gutbürgerlichen Welt Evas falsch ist, auf dem sie sich aber wohl fühlt, auch wenn sie sich erst an dieses Gefühl gewöhnen muss. In Evas Welt existierte Fußball nur als Wort, Adams Lebensrhythmus und -ziel ist Borussia Dortmund. Eva kann nur leben, wenn sie alle Probleme bespricht, Adam kennt nur Ausweichen, Verdrängen. Und Beide lernen voneinander, lernen nicht nur, den Lebensstil des anderen zu akzeptieren, sondern integrieren ihn in ihren eigenen.
Dass die Außenwelt hierbei nicht mitziehen kann, riskieren sie. Evas Verlobter streicht die Segel, und schön ist der Satz, als Evas entsetzte Eltern zu dem Trucker sagen (das zeugt ja davon, dass sie Eva vertrauen und ihre Entscheidungen tolerieren): Immerhin, Sie haben ein großes Auto! cjh11.4

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010