Outlaws

Autor*in
Cercas, Javier
ISBN
978-3-10-010510-3
Übersetzer*in
Kultzen, Peter
Ori. Sprache
Spanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
506
Verlag
S. FISCHER
Gattung
Krimi
Ort
Frankfurt
Jahr
2014
Lesealter
ab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
24,99 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Der Anwalt Ignacio erzählt seinem Interviewer von der Jugendgang aus der Zeit von vor 30 Jahren und den Konsequenzen bis in die heutige Zeit, ebenso geben der Gefängnisdirektor und der Polizeikommissar jeweils ihre Sicht. Ignacio lebte für eine kurze Zeit mit den Verbrechen vor allem, weil er in die schöne Tere verliebt ist. Der Gangchef Zarco wird Medienstar, bleibt aber haltlos und kriminell, Ignacio will das bis zu Zarcos Tod nicht wahr haben und lebt mit seinen Illusionen.

Beurteilungstext

Dies ist kein Buch für Jugendliche.
Muss es auch nicht sein, es gibt andere Qualitäten. Interessant finde ich vor allen Dingen, wie der inzwischen erfolgreiche Anwalt sich immer wieder für den Kleinkriminellen Zarco einspannen lässt und einfach nicht realisiert, dass der nur noch das Zerrbild seines Jugendidols ist. Ignacio sieht in Zarco den Rächer der Armen, einen Robin Hood, und auch die Einlassungen der beiden anderen Interviewpartner, dass Zarco diesem romantisierten Bild in keiner Phase seines jämmerlichen Verbrecherlebens entsprochen hat, können ihn beirren. Ebensowenig sieht er, dass Tere, die betörende Schönheit, ihm zwar Wochen voller Glück und Sex bescheren kann, weiter aber nichts. Sie bleibt unverbindlich, belügt und betrügt ihn und verweigert jeden über das Bett hinaus gehenden Kontakt. Nicht seine Freunde, nicht ihre Freunde. Sie erzählt ihm ganz zum Schluss, kurz bevor sie auf Nimmerwiedersehen verschwindet, dass sie die Schwester Zarcos sei; ob das stimmt, wird Ignazio nie erfahren, löst auch keines seiner Probleme.
Der Anwalt riskiert immer wieder seinen Beruf, seinen Erfolg auf der Suche nach den Helden aus seiner Jugendzeit. Alle Freunde der Gang wurden verhaftet, nur er entkam der Polizei - und er macht sich bis heute Vorwürfe, die Freunde unbewusst verraten zu haben. Dass die Moral derlei Verrat überhaupt nicht tragen kann, bleibt ihm unklar. Dass die gruppeneigene Moral ihn als Mittelschichtkind ohnehin außen vor lässt, sieht er überhaupt nicht. Der Autor schafft es dennoch, dem Leser diese Sicht zu vermitteln, indem er die beiden anderen Interviewpartner hinzuzieht.
Übrig bleibt eine fragwürdige Moral, bleiben die Fragen, wie verblendet der Mensch den Zielen seiner Jugend hinterher laufen kann, ohne sie je zu begreifen.
Erst wenn man sich klar macht, dass der Beginn der Jugendgeschichte drei Jahre nach Francos Tod spielt, ""die franquistischen Gesetze immer noch galten"", beginnt man zu ahnen, dass hier jemand von den Jugendsünden der Republik schreibt, davon dass es immer noch Menschen gibt, die ein verbrecherisches Regime verklären und einfach nicht kapieren, wie verbrecherisch es durch und durch war. Ganz selbstverständlich bietet das Franco-Spanien Attraktives, Verführerisches wie Tere, bietet das faschistische Regime das Bild des Gerechten, des Helden wie Zarco und die vielen Verführten und den Nutzen genießende Ignacios, die nicht wahr haben wollen, dass sie der Verführung erlagen.
Cercas bietet aber auch keine Lösung des Problems, allenfalls die Andeutung eines Verstehens. Dass die Polizei oder der Direktor, beide staatsdienende Juristen, den größeren Durchblick haben, halte ich für eher illusionsfördernd als aufklärend.
Cjh14.06

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010