Osterspaziergang

Autor*in
ISBN
978-3-934029-47-7
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Ensikat, Klaus
Seitenanzahl
24
Verlag
Kindermann
Gattung
BilderbuchLyrikSachliteratur
Ort
Berlin
Jahr
2012
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,50 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Faust und Wagner sind außerhalb der Stadtmauer unterwegs. Wir haben es Sonntag, man feiert die Auferstehung von Jesus, besinnt sich an diesem Sonntag auf das kommende neue Leben, auf die Vertreibung der dunklen Zeit. Ensikat zeichnet den Herrn Faust als kleinen Herrn Goethe mit einer großen Nase und langem Hut, mit Mantelpellerine und Gehstock. Eine Unzahl an feinen Strichen eröffnet die Welt einer kleinen Stadt im frühen 19. Jahrhundert.

Beurteilungstext

Die Zeilen 903 bis 940 aus Goethes Faust, der Tragödie erster Teil, Vor dem Tor, werden allgemein als eigenständiges Gedicht gesehen und mit "Osterspaziergang" getitelt. Sie beschreiben, wie sich die Menschen der ganzen Stadt nach dem Kirchgang in Sonntagskleidung nach draußen begeben, farbige Flecken in den engen Gassen zwischen den Fachwerkhäusern und dann, außerhalb der Stadtmauern, am Ufer des Flusses und sogar auf ihm in kleinen Ruderbooten oder Nachen.
Neun Doppelseiten mit unzähligen vielen kleinen Strichen und anschließender Kolorierung zeichnet Ensikat, gibt jedem Gesicht einen eigenen Charakter, oft leicht übertreibend und fast skurril. Er erschafft fast fotografisch auch kleinste Details, zartes erstes Grasgrün, Knospen an den Weidenzweigen, blassblaue Außenfedern an den Meisen mit dem gelben Körper, den wohl noch kürzlich benutzten Jauchewagen, kleine Risse in den Mauern und die Uhrzeit am Kirchturm, vergisst auch nicht, den Herren Goethe, Verzeihung, Faust und Wagner einen kleinen schwarzen Pudel zu ihren Füßen zu stellen (Zeile 1156).
Zu den letzten vier Zeilen zeichnet Ensikat einen Goethe / Faust, der sich etwas unwohl zu fühlen scheint inmitten der vielen Gäste der Wirtschaft draußen im Hof. Sie sitzen auf langen Bänken an ebensolchen Tischen und haben Getränke vor sich oder in der Hand. Bis auf einen Mann, er schaut uns direkt in unser Gesicht, blicken fast alle anderen auf einen Ort knapp rechts von uns, als stünde dort der Fotograf, der die Aufmerksamkeit der Menge mit einem "Bitte recht freundlich" auf sich zieht.

Wie in der Serie "Poesie für Kinder" üblich gibt der Verlag kurze Informationen zu Autor und Illustrator wie zum Gedicht selbst, und Ensikat zeigt sowohl im Vor- wie im Nachspann noch einige Bilder als Zugabe.

Die Sprache muss heutigen Kindern vielleicht etwas erklärt werden. Begriffe wie "Revier", "Nachen", "Gewerbesbanden" oder "behende" sind nicht unbedingt Allgemeingut, selbst die Rechtschreibprüfung im Computer unterkringelt sie. Am besten beginnt man bei Kindern ab 8 Jahren mit den Bildern, beschreibt, spricht darüber und lässt erst anschließend Goethe zu Wort kommen. Für Jugendliche und Erwachsene wird dieses Buch ein kleines Juwel sein, das man besser nicht verborgt oder nur an sehr verlässliche Personen.

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Diese Rezension wurde verfasst von uhb.
Veröffentlicht am 01.01.2010