Offene Arme

Schlagwörter

• Gender/Geschlecht
• Krankheit

Teaser

Die 15-jährige Melanie fühlt sich weder zu Hause noch in ihrer Schulklasse verstanden und anerkannt und hängt am liebsten mit ihrer Freundin in einer Abrissfabrik ab. Das zusätzliche Gefühlschaos einer unglücklichen Verliebtheit in einen Musiker bricht sich in autoaggressivem Verhalten Bahn.

Beurteilungstext

In der autobiografischen Graphic Novel spiegeln Zeichenstil (schwarz-weiß), knappe alltagssprachliche Dialoge und auch der mehrdeutige Buchtitel in überzeugender Weise eine jugendliche Außenseiter-Lebenswelt wider. Die Teenager-Gefühle drücken sich am deutlichsten grafisch-symbolhaft (oft in den Augen) und in Briefen aus.
Melanie wird von Mitschülern gemobbt, zieht sich von den Eltern zurück, wirkt orientierungslos und unsicher. Durch ihre Freundin Nicole, mit der sie Gefühle von Verlorensein und Verliebtheit teilen kann, lernt sie das Ritzen als eine selbstverletzende Form der seelischen Erleichterung und Ausflucht kennen. Die schüchterne Schwärmerei für den Rockmusiker Levin, der in der Industriebrache probt und sich trotz seines Alters als emotional unreif entpuppt, führt in exemplarischer Weise in die persönliche Katastrophe. Letztlich verhindert die Mutter, zu der ich mir mehr Hintergründigkeit gewünscht hätte, den Suizidversuch. Das optimistische Ende einer Psychotherapie wirkt nicht beschönigend, da das Thema Autoaggression präsent bleibt. In manchen Zeichnungen würden meines Erachtens mehr Abstraktion und weniger Details die Klarheit erhöhen.
Die Autorin und Zeichnerin hat ihre Borderline-Lebensgeschichte in beeindruckender Weise für sich bearbeitet. Heranwachsende Mädchen (und Jungen!) und Eltern können durch diesen Einblick ein Verständnis von psychischen Problemen und Krisen wie auch vom eigenen Verhalten entwickeln.