Nur 300 km
- Autor*in
- Bertram, Rüdiger
- ISBN
- 978-3-570-18072-3
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 256
- Verlag
- cbj/cbt
- Gattung
- Buch (gebunden)Erzählung/Roman
- Ort
- München
- Jahr
- 2023
- Lesealter
- 12-13 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- BüchereiFreizeitlektüre
- Preis
- 14,00 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
„Bin mit Fee in Berlin, abends zurück“, so der Untertitel dieser spannenden Roadnovel von Rüdiger Bertram. Hier spricht die Erzählstimme von Carl, der seit einem Autounfall im Rollstuhl sitzt. Leider verhebt sich der dicht erzählte Text an thematischer Überfrachtung und klischeehafter Figurenkonzeption.
Beurteilungstext
Die Handlung dieser rasanten Roadnovel setzt mit einer Reise an die Ostsee an, die der Ich-Erzähler Carl widerwillig mit seiner Mutter antritt. Dass er wegen eines Autounfalls im Rollstuhl sitzt und dass sein Vater danach die Familie verlassen hat, erfahren die Leser*innen erst nach und nach. Der Vater hat den Wagen gefahren und blieb unverletzt. Bis dato war er Fahrer der „Ex-Bundekanzlerin“ (die explizite Nennung von Angela Merkel vermeidet der Roman), nun arbeitet er als Pförtner im Bundestag und verschließt sich vor seinem Sohn. Carl schildert seine Umwelt vor allem als mitleidig im Umgang mit einem Rollstuhlfahrer. Doch dann taucht am Ostseestrand die gewitzte Fee auf, die ihn mit einem Flip-Flop abwirft. Das ist der in medias res-Beginn der Romanhandlung. Carl und Fee hauen ab. Fee ist allein in einem Tanzcamp an der Ostsee, will aber eine Freundin vor der Abschiebung retten. Ähnlich wie die Geschichte von Carls Unfall erschließen sich diese Hintergründe und Handlungsmotivationen der Figuren erst im Fluss der Erzählgegenwart. Und dann ist da noch der Handlungsstrang um Manuel Bäcker, einem bekannten Renn-Rollstuhlfahrer, der ebenfalls Urlaub an dem nicht näher bestimmten Ostseeort macht und der Carls großes Vorbild ist. Ihm entwenden die beiden Protagonist*innen in einer wahnwitzigen Story den Renn-Rollstuhl und fliehen nach Berlin, zu Carls Vater, der sie nach der rasanten und abenteuerlichen Reise voller unerhörter Begebenheiten herzlich in Empfang nimmt, mit ihnen zur Datsche der Ex-Bundeskanzlerin fährt, die mit einem einzigen Anruf die drohende Abschiebung von Fees Freundin rückgängig macht. Und Carl und sein Vater finden wieder zueinander. So einfach macht es sich dieser Roman.
Die Handlung verfolgt eine dichte Spannungsstruktur und weist auch komische Elemente auf, aber die Narration scheitert an der holzschnittartigen Figurenkonzeption und der Themenfülle. Obwohl Carl als Ich-Erzähler implementiert ist, bleibt er doch auf seine Behinderung reduziert. In Reflexionen betont er mehrfach, dass das Erzählte kein Buch sei und kein Film, sondern sein echtes Leben, womit ein Realitätsanspruch reklamiert wird, welchen der Text aber mit seinen klischeehaften Figurenkonzeptionen kaum einlöst.
Immerhin gelingt der Spannungsaufbau, sodass das Buch als einfache Freizeitlektüre empfehlenswert bleibt.