Mut.Machen.Liebe.

Autor*in
Nessensohn, Hansjörg
ISBN
978-3-7641-7119-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
342
Verlag
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Berlin
Jahr
2021
Lesealter
ab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
18,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Auf Egotrip zu Fuß durch Italien trifft der 19jährige Paul auf die 80jährige Liz. Er will eigentlich allein sein, um die bitterste Enttäuschung seines Lebens zu verarbeiten, doch die alte Dame durchschaut und fasziniert ihn mit ihrer Erzählung über die Liebe zwischen zwei jungen Männern zu der Zeit, als dies noch strafrechtlich verfolgt wurde. Welch tragische Rolle Liz in dieser Geschichte spielt und wie sie Paul ermutigt, zu seinen Gefühlen zu stehen, wird glaubhaft und spannend entwickelt.

Beurteilungstext

Mit seinem sperrigen Hardcover Papp-Einband in Asphaltgrau mit angedeutetem Regenbogen, mit seinen gut 500 Gramm Gewicht und dem schlagwortartigen Titel aus drei Einwortsätzen „Mut. Machen. Liebe.“ kommt dieses Buch nicht gerade leichtfüßig daher. Wer dennoch neugierig geworden ist wird mit dem Thema Schwulsein heute und vor 60 Jahren konfrontiert und in eine spannende Geschichte hineingezogen, die der neunzehnjährige Paul in der Alltagssprache heutiger Jugendlicher aus seiner Sicht erzählt. Ziemlich unvorbereitet hat er sich in das Abenteuer einer Reise zu Fuß durch Italien gestürzt und will unterwegs seine Ruhe haben, um nachzudenken und sich über sein bisheriges Leben und seine Zukunft klarzuwerden. Vor allem will er seine einstige große Liebe zu Jonas vergessen, der ihn mit einem öffentlichen Outing bloßgestellt und tief verletzt hat.
Eher widerwillig lässt sich Paul auf die zufällige Begegnung mit der 80jährigen Liz ein, die wie er nach Rom unterwegs ist. Gemeinsame Erlebnisse schweißen die zwei zusammen und die resolute alte Dame weiß mit Humor und Einfühlungsvermögen die raue Schale des Jugendlichen zu knacken. Vor allem aber lässt Liz ihren neuen Weggefährten an einer Geschichte aus ihrer Vergangenheit teilhaben, die sie auf der Wanderung erzählt und aufschreibt. Optisch durch Kursivdruck und im Sprachstil der früheren Zeit angeglichen unterscheiden sich die von Liz erzählten Passagen vom übrigen Text. Es wird von Helmut berichtet, der sich im Deutschland der 60er Jahre in den Italiener Enzo verliebt. Es geht um Gewissenskonflikte, Anfeindungen, Verfolgung aufgrund des §175 und um einen Verrat, der dem Leben der beiden jungen Männer eine dramatische Wendung gibt. Lange bleibt unklar, warum Liz diese Geschichte so authentisch erzählen kann und in welcher Beziehung sie zu Helmut und Enzo steht. So bleiben auch im Hinblick auf Pauls Vergangenheit zunächst viele Fragen unbeantwortet und erst allmählich setzt sich aus den Handy-Nachrichten, die sich Jonas und Paul unterwegs schreiben, ein Bild zusammen. Auf diese Weise bleibt die Spannung auf den verschiedenen Erzählebenen erhalten und wird erst auf den letzten Seiten in einem fast märchenhaft anmutenden Schluss aufgelöst. Auch wenn die jugendliche Leserschaft das Ende möglicherweise als kitschig beurteilen mag, wird in diesem Buch eindrücklich und fesselnd ein sperriges Thema auf zwei Zeitebenen behandelt und überzeugend dargestellt. Besonders intensiv beschreibt Hansjörg Nessensohn die innere Zerrissenheit der Personen zwischen Mut, Wut, Angst und Liebe und regt zur Auseinandersetzung mit eigenen Gefühlen und Werten an. Empfehlenswerte Lektüre für Jugendliche ab 16 Jahren und für Erwachsene jeden Alters.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von 174; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 28.11.2021

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