MOM - Mother of Madness

Autor*in
Clarke, EmiliaBennett, Marguerite
ISBN
978-3-551-79665-3
Übersetzer*in
Herbert, Marion
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Leiz, LeilaDel Duca, LeilaFarrell, TrionaRatcliffe, JoPhelps, Deanna
Seitenanzahl
160
Verlag
Carlsen
Gattung
Comic
Ort
Hamburg
Jahr
2021
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
FreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
23,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In einer überspitzten Version der Zukunft kämpft Maya, alias Mother of Madness, alias Mom gegen eine Sekte von Menschenhändlern. Der Clou: ihre Superkräfte entstehen durch ihre Hormone. Mayas Lachen hat Sprengkraft; ihre Tränen bringen Heilung. Und wenn sie nicht damit beschäftigt ist, die Machenschaften der Bösewichte zu durchkreuzen, zieht sie im Alleingang ihren Sohn groß.

Beurteilungstext

In zwei Briefen richten sich die beiden Autorinnen Clarke und Bennett an die Leser:innen ihres gemeinsamen Projektes, um die Intention und Entstehung des Comics nahezubringen. Auch wenn man so einen engeren Bezug zu dem Plot entwickelt; gebraucht hätte es diese Klarstellung nicht. Denn bereits in den ersten Panels des Comics wird die Disposition der Hauptfigur und deren Umfeld eingeführt. Dabei wendet sich Maya als Erzählerin direkt an die Leser:innen, durchbricht so die Wand zwischen realer und fiktiver Welt und zieht sie mit hinein in ihre Geschichte. Im Wechsel erhält man Einblicke in Mayas Vergangenheit und Gegenwart. So vermittelt der Comic eine grundlegend positive Stimmung. Egal wie viele Steine in Mayas Weg gelegt wurden und werden: sie schafft es mal alleine, mal mit Hilfe anderer, gestärkt daraus hervorzugehen. Und diese Grundhaltung ist auch nötig, denn gerade die Kindheit und Jugend der Protagonistin sind durchsetzt mit sensiblen Themen wie Krankheit, Tod, Depressionen, Suizidversuche und häuslicher Gewalt. Das Buch endet mit einer Liste entsprechender Hilfestellen für alle aufgegriffenen Themen. Dennoch ist zu bedenken: die sensiblen Inhalte werden nicht nur in Textform, sondern auch graphisch dargestellt.

Lässt man sich darauf ein, erwartet Leser:innen ein dynamischer Plot, der den Auftakt für eine Comic-Triologie stellt. In diesem ersten Teil stehen die Kräfte der Hauptfigur im Fokus und Mayas Weg, diese zu akzeptieren und für den Kampf gegen das Böse zu nutzen. Dabei ist nahezu jeder Aspekt mit einer feministischen Sichtweise verknüpft, sämtliche mysogynen Klischees werden bedient. So ist Maya als Wissenschaftlerin in einem Berufsfeld, das auch im Comic von Männern dominiert wird. Ihre Kollegen werden durchweg sexistisch dargestellt. Sie selbst hat zu Beginn des Plots noch sehr mit ihren besonderen Kräften zu kämpfen. Diese zeigen sich besonders stark zum Höhepunkt ihres Zyklus, denn sie sind hormongesteuert. Maya bemerkt dies, wenn sie fröhlich, traurig, ängstlich oder wütend ist. Am Höhepunkt ihres Zyklus erhält sie Zugriff auf alle ihre Kräfte. Nachdem sie Billy aus einer brenzligen Situation retten muss, beginnt sie, ihre Kräfte einzusetzen, um anderen Menschen zu helfen und vertraut sich einigen wenigen Personen an. Neben ihrer Vorgesetzten und besten Freundin Wanda Boone sind ihr Freund und Babysitter Benny, Henrietta - die ihr Superheldinnen-Outfit entwirft - und ihr Guru Alf mit von der Partie. So lernt sie, ihre Emotionen zu akzeptieren und damit zu kontrollieren. Ihr erster Gegner steht bereits fest: ein Ring von Menschenhändler:innen, genannt Blurred Lines. An dessen Kopf sitzt aber nicht etwa ein weiterer toxisch-männlicher Gegenspieler, sondern eine Frau. Lucille Caldwell möchte die Welt nicht verändern, sondern lediglich die Frauen in ihr perfektionieren. Sie sollen schlank, enthaart, hellhäutig, blond, fröhlich, sanftmütig und gefügig werden. Und all das möglichst ohne Abhängigkeit von Emotionen. Die von ihr entführten Frauen dienen ihr als Versuchsobjekte, um alle möglichen Tests und Chemikalien auszutesten.
In dem entscheidenen Kampf misslingt es Lucille, Mayas Kräfte zu nutzen, um eben diese Perfektions-Pille zu erschaffen. Maya und ihre Freunde besiegen gemeinsam das Monster, in das sie sich verwandelt. Was bleibt, ist die Botschaft: die perfekte Frau gibt es nicht. Erstrebenswert ist es, sich selbst so anzunehmen, wie man ist. Recht viel wird versucht auf den 160 Seiten zu vermitteln. Dabei wechseln die Autorinnen nicht nur zwischen den Zeitsträngen, sondern überlagen diese auf mehreren Seiten, was stilistisch zwar sehr gut umgesetzt ist, dem Lesefluss jedoch einen Dämpfer verpasst. Das Anliegen der Macherinnen führt zwar zu einem Werk, das einige mutige Aussagen vermittelt, damit aber oft in Monologe einzelner Figuren verfällt, sodass die Dynamik der Geschichte und Bilder oft nicht durch die Erzählweise des Textes gestützt wird. Dennoch bietet „Mother of Madness“ viele Gesichtspunkte, über die es sich lohnt, ins Gespräch zu kommen. Die Aufbereitung als Superheldinnen-Comic verstärkt dies auf anschauliche und leicht vermittelbar Weise.

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Diese Rezension wurde verfasst von RPTK; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 16.02.2024