Mit Maus im Wald. Ein Spaziergang durch die Jahreszeiten

Autor*in
Melvin , AliceSnow, William
ISBN
978-3-95614-492-9
Übersetzer*in
Weber, Susanne
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Melvin, Alice
Seitenanzahl
32
Verlag
Verlag Antje Kunstmann
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
München
Jahr
2022
Lesealter
0-3 Jahre4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
18,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Das Buch „Mit Maus im Wald“ von Alice Melvin und William Snow lädt zu einem außerordentlich künstlerischen Spaziergang durch den Wald ein. Es eignet sich insbesondere für das kontemplative Betrachten und stille Entdecken dieses heimischen Lebensraumes im Jahreslauf, vielleicht auch eher aus der Perspektive eines Erwachsenen, denn eines Kindes.

Beurteilungstext

Wer die Stille liebt, gerne beobachtet und sich verspielt in Details verliert, ist hier genau richtig. Der Titel hält, was er verspricht, handelt es sich hierbei um einen ruhigen Spaziergang zu dem Maus, die Ich-Erzählerin des Buches, einlädt. Viel mehr erfahren wir jedoch nicht von ihr, weder ihren Namen, noch irgendwelche anderen Informationen, die eine emotionale Identifikation zwischen der Protagonistin und der kindlichen Leser*in zulassen würden. Um Emotionen geht es in diesem literarischen Werk auch weniger, lässt es sich in der Schnittmenge zwischen Bilderbuch und Sachbuch verorten. Deutlich wird dies auch an der „Karte des Waldes“, die dem lehrreichen Spaziergang vorgeschaltet ist und der Leser*in bereits eine grobe Orientierung dessen verleiht, was ihn/sie inhaltlich erwartet.
Künstlerisch überwältigend sind die monoszenischen Doppelbuchseiten, die trotz sehr impulsiver Pinselstriche dennoch wirklichkeitsgetreu Fauna und Flora abbilden. Die detailreichen Bilder ziehen die Betrachter*in mit ihren warmen Farben in den Bann und entführen ihn/sie gleichzeitig in eine fiktive Welt, die eine heile Welt ohne Bedrohung und voller Frieden zu sein scheint. Raffiniert integrieren die Buchseiten zudem asymmetrische Formen von Faltelementen, die den Blick in die verschiedenen, sehr menschlich eingerichteten Behausungen unterschiedlichster Waldbewohner frei geben. Die Tiere, denen Maus begegnet, sind durchgängig personifiziert, folgen einer stillen Beschäftigung oder treten in eine ruhige Interaktion mit der Protagoniste*in.
Die zu den Bildern passenden Texte sind grafisch fast ausschließlich auf dem durch das Bildersachbuch führenden Weg platziert und unterstreichen damit symbolisch den Charakter eines idyllischen Waldspaziergangs. In Strophenform konzipiert, als heterogener Kreuzreim, informieren sie die Betrachter*in über den jeweiligen Monat sowie die dafür typischen Aktivitäten. Doch hier setzt die Kritik an dem sonst so wertvollen Buch an, handelt es sich hierbei doch eher um Aktivitätsformen, die aus der Erwachsenenwelt stammen, wie spazieren gehen, bei der Hausarbeit helfen, sitzen, dösen, ernten, Marmelade kochen ect. Welches Kind möchte bei Schnee im Bett dösen, statt eine Schneeballschlacht zu machen oder einen Schneemann zu bauen oder welches Kind sitzt bei Regenwetter auf einem Kirschbaum anstatt mit Gummistiefeln in den Pfützen zu spielen? Oder welches Kind hilft freiwillig bei der Hausarbeit? Das Wort „spielen“ kommt in dem gesamten Buch auch nur einmal vor und zwar im letzten Monat, dem Dezember, wenn es darum geht Weihnachten und Neujahr zu feiern.
Das Buch endet mit einer Art jahreszeitlichem Glossar, das über die Tier- und Pflanzenwelt des Waldes in einfacher Sprache genauer informiert, sich auch immer wieder mit einem persönlichen „Du“ an die kindliche Leser*in wendet. Während die Erklärungen zur Pflanzenwelt durch fast fotografisch genaue Abbildungen illustriert werden, sind die Erläuterungen zu den tierischen Waldbewohnern durchweg in personifizierter Manier dargestellt. Dies untermauert die Schnittmengenkonzeption aus Sach- und Bilderbuch, die meiner Meinung nach, nicht kindgerecht genug gelöst ist.

Anmerkung

Besonders zum intensiven Betrachten und spielerischen Ausprobieren der in den Buchseiten integrierten Klappeffekte eignet sich die Lektüre. Es bedarf jedoch der Begleitung eines literarischen Gespräches, das es versteht, die vielfältigen kindlichen Perspektiven eines Waldspazierganges einzufangen. Wahrscheinlich würde das Buch dann nicht mehr mit dem Begriff „Waldspaziergang“ operieren, sondern eher mit der Vorstellung einer „Waldrally“, bei der das kindliche Bedürfnis nach Bewegung, Entdeckung und Abenteuer zum Tragen kommt.

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Diese Rezension wurde verfasst von Siglinde Spuller; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 14.09.2022