Meine Schwester Nora

Autor*in
Holtz, Karl L.
ISBN
978-3-96843-007-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Vervenne, Pascale
Seitenanzahl
28
Verlag
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Heidelberg
Jahr
2020
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
19,95 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Ein schwieriges Buch mit formalen Schwächen, das versucht, das Thema Trauer und Verlust zu verarbeiten, dabei aber zu viele Aspekte im Dunkeln verharren lässt.

Beurteilungstext

Ein Buch für Kinder, das Trauer, Verlust und Ängste behandelt, sollte klar und nachvollziehbar sein. Dem Buch "Meine Schwester Nora" gelingt all das nicht.Die kleine Schwester leidet darunter, dass Nora nicht mehr nach Hause kommt und somit eine wichtige - vielleicht die engste - Bezugsperson fehlt. Niemand sagt ihr, wo Nora ist, was mit Nora geschehen ist, warum Nora mit den Eltern streitet, verweinte Augen hat und nur ungern nach Hause kommt. Als Nora schließlich verschwunden bleibt, bleibt die Schwester im Ungewissen zurück. "Deine Schwester wird nicht mehr wiederkommen.", erklärt der Vater. Doch ist das eine Erklärung? Bleiben nicht viel zu viele Fragen offen, auf deren Antwort auch ein Kind Anrecht hat? Haben Erwachsene das Recht, wichtige Dinge, die auch das Glück und Seelenheil des jungen Kindes betreffen, zurückzuhalten, um das Kind vermeintlich vor einer bitteren Wahrheit zu schützen? Oder sind Kinder stärker als vermutet und brauchen klare Worte, um Ereignisse und Verluste verarbeiten zu können?
Selbst Jahre später, als die Familie an einem der Lieblingsorte Noras Urlaub macht, glaubt die kleine Schwester, die Spuren der verschwundenen Nora zu finden, bleibt in Hoffnung und Sehnsucht zurück. Auch hier gibt es keine Erklärungen, obwohl die kleine Schwester nun bereits eine Jugendliche ist und somit alt genug, zu verstehen, was passiert ist.
Wahrscheinlich ist die Wahrheit mit viel Fantasie und Interpretationskunst zwischen den Zeilen zu lesen. Doch ist ein solcher Text nur mit engsten Vertrauenspersonen lesbar, um Kinder nicht zu verunsichern. Zu viele Fragen bleiben offen. Wo ist Nora? Ist sie gestorben oder hat sie sich von der Familie abgewendet? Wo sind Noras Hunde? Wurde Nora gesucht?
Das Buch, das als Grafik Novel kategorisiert ist, erfüllt zudem formal mehr die Kriterien eines klasssichen Bilderbuches. Der Begriff der Graphic Novel wird im Comicbereich gerne zur Unterscheidung zwischen anspruchslosen und anspruchsvollen Inhalten verwendet. Natürlich zählt "Meine Schwester Nora" eindeutig zu letzteren. Dennoch kann das Buch nicht als Graphic Novel verortet werden. Auf großflächigen Doppelseiten ist der Blickwinkel der kleinen Schwester illustriert. Dabei fehlen die für Graphic Novels typischen Comicpanels sowie der experimentelle Einsatz von Schrift-Bild-Verknüpfungen. Während sich Graphic Novels als graphische, an ein erwachsenes Publikum adressierte Literatur definieren, wurde "Meine Schwester Nora" für Kinder ab 6 Jahren konzipiert.
Als Einsatz in einer Klasse oder Kindergruppe ist das Buch nur mäßig geeignet. Zusätzlich zu den formalen Schwächen und dem übergroßen Interpretationsspielraum, den das Buch bietet, ist der Preis von beinahe 20,- € für den eher überschaubaren Text deutlich zu hoch.

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Diese Rezension wurde verfasst von dia; Landesstelle: Hessen.
Veröffentlicht am 01.04.2021