Mein Herz hämmert, dass es wehtut

Autor*in
Tjønn, Jung
ISBN
978-3-7915-1999-9
Übersetzer*in
Frey, Katrin
Ori. Sprache
Norwegisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
128
Verlag
Dressler
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2015
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wie kann man tieftraurig, aber zugleich auch glücklich sein? Der 14jährige Henrik durchlebt ein Wechselbad der Gefühle. Sein Onkel Simon, der ihm auch Vaterersatz und Freund ist, erkrankt unheilbar an Krebs. Angesichts des fortschreitenden Leidens empfindet Henrik Trauer, Wut und Verzweiflung. Gleichzeitig fühlt er sich glücklich, denn die lebenslustige Kjersti erwidert seine Zuneigung. Doch darf er lachen und froh sein, wenn sein Onkel im Sterben liegt?

Beurteilungstext

Brynjulf Jung Tjønns berührendes Buch über den Verlust eines geliebten Menschen und die erste große Liebe wurde 2013 mit dem renommierten Brage-Preis (norwegischer Literaturpreis) ausgezeichnet.

“Mein Herz hämmert, dass es wehtut“ ist nicht nur Titel, sondern auch Leitgedanke des Buches, der die zwei Erzählstränge und die damit verbundenen Gefühle des Ich-Erzählers Henrik miteinander verbindet - Krankheit und Trauer einerseits, Liebe und Glück andererseits.
Vieles hat Henrik von seinem 31jährigen Onkel Simon gelernt, vieles hat sein Onkel mit ihm unternommen. Um so schmerzlicher ist es für Henrik, den tückischen Krankheitsverlauf, der den Körper immer mehr verfallen lässt, mitzuerleben. Dabei hatte sein Onkel viele Pläne. Doch er hat die Zeit nicht genutzt, hatte keinen zufriedenstellenden Job, gründete keine Familie. Henrik beschließt, ein anderes Leben zu führen.

Herzklopfen bekommt Henrik, wenn er an die hübsche Kjersti denkt. Wird sie seine Gefühle erwidern? Schüchtern und unbeholfen geht er auf sie zu. Und tatsächlich - sie mag ihn auch. Eine zarte Liebesbeziehung reift heran. Henrik ist glücklich. Dafür, dass seine Gedanken immer wieder zu seinem Onkel zurückkehren, zeigt Kjersti Verständnis. Henrik lernt, dass Glück und Trauer nahe beieinander liegen und die daraus resultierenden unterschiedlichen Gefühle durchaus nebeneinander existieren können. Er wird selbstbewusst und erkennt, dass er sein Leben eigenverantwortlich gestalten muss.

Jung Tjønns Schreibstil ist ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig. Kurze Sätze, die Anführungsstriche für wörtliche Rede fehlen. Ein Zeilenumbruch nach jedem Satz bringt Klarheit und Intensität. Auf jegliche Ausschmückung oder Abschweifung wird verzichtet.
“Ich konnte nur sein Gesicht sehen, denn er war in eine Decke gewickelt. ...
Die Decke hielt er fest.

Er schien zu zittern.

Ich vertrage meine Tabletten nicht, sagte er.

Ich nickte.

Simon lächelte.

Die gelben Zähne.

Er war erst einunddreißig.

Und sah aus wie alter Mann.
“ (S. 11)
Schonungslos, unverblümt, mitunter ekelhaft konfrontiert der Autor den Leser gleich zu Beginn des Romans mit der Krankheit, die mit kaum ertragbaren Schmerzen, Brechattacken und psychischen Zusammenbrüchen einhergeht. Das mag manchen sensiblen jungen Leser verschrecken. Doch nach wenigen Seiten wird erkennbar, dass die auf das Wesentliche reduzierten Sätze sowie die nüchterne, aber reale Schilderung des Krebsleidens eine gewisse Distanz schaffen.

Mit nur wenigen Nebendarstellern und klug ausgewählten Schauplätzen konzentriert der Autor die Aufmerksamkeit des Lesers fast ausschließlich auf die zwei derzeit wichtigsten Ereignisse im Leben von Henrik und lässt ihn an Freud und Leid des Protagonisten teilnehmen und dessen Weg verfolgen.
Fazit: Ein bewegendes, schonungslos ehrliches und mitreißendes Jugendbuch über Krankheit und Abschiednehmen, über Liebe und Neuanfang. Eine Erzählung, die unter die Haut geht und nachdenklich macht. Sehr empfehlenswert!

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Diese Rezension wurde verfasst von pa.
Veröffentlicht am 01.10.2015