Manchmal kann man nur noch lachen

Autor*in
Brown Hoffmeister, Peter
ISBN
978-3-570-31270-4
Übersetzer*in
Ott, Bernadette
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
445
Verlag
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
München
Jahr
2020
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
10,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Sechzehnjähriger Basketballspieler möchte "normale" Sommerferien erleben, doch dann gibt es zwei schwere Unfälle, von denen einer tödlich endet.

Beurteilungstext

Manchmal steckt man in Situationen, wo man nur noch lachen oder weinen kann. So geht es dem sechzehnjährigen Travis und seiner Freundin Natalie. "Wenn alles dermaßen beschissen ist, dass man nichts anderes mehr tun kann. Weglachen ist dann das Einzige, was funktioniert."
Der Plot ist relativ schnell erzählt: Der sechzehnjährige Travis möchte in den Sommerferien mit seinem besten Freund Basketball trainieren, sich um seine krebskranke Großmutter kümmern, seine drogenabhängige Mutter wiederfinden, am See zelten....All das funktioniert auch einigermaßen. Ja, er verliebt sich sogar in ein gleichaltriges Mädchen. Doch dann überstürzen sich die Ereignisse, denn er kommt bei einem Sprung von der zehn Meter hohen Brücke über dem Fluss falsch auf der Wasseroberfläche auf, prellt sich den Arm und erleidet Rippenbrüche und sein bester Freund Creature wird von einem Schlägertyp bei einem Basketballspiel mit dem Messer in den Bauch gestochen und stirbt später an den Folgen.
Da kann man entweder nur noch weinen oder lachen.
Was den Roman aber zu einem sehr empfehlenswerten Roman macht, sind die verschiedenen Ebenen, die der Autor darunter gelegt hat.
Creature ist nicht nur ein begabter Basketballspieler, sondern sehr stark an Literatur interessiert. "Wir brauchen eine starke Basis literarischer Gedanken, wenn wir das Pick-and-Roll gewinnen wollen." Seine literarischen Vorbilder sind u. a. die US-amerikanischen Autoren Junot Diaz, T.S. Eliot, David Sedaris oder der chilenische Nobelpreisträger Pablo Neruda. Von ihm ist er auch zu seinem Schreibprojekt "russische Prinzessinnen " angeregt worden. Die Heilige Anna von Kaschin aus dem 14. Jahrhundert beschreibt schon Neruda und Creature hat ihr eine kurze Story gewidmet. Meist sind es Begegnungen mit Prinzessinnen aus dem Umfeld der Familie Romanow, die er in erotischen Beiträgen skizziert. Zusammen mit Travis mag man sich über diese Thematik wundern, doch er gibt die Antwort. Nimmt man diesen Prinzessinnen ihr Prinzessinnendasein, dann haben sie nichts. Nimmt man uns unseren Basketball, dann haben wir auch nichts. Also - es gibt reale Verbindungen. Auf der anderen Seite hat er durch diese Autoren den sozialkritischen Blick auf seine unmittelbare Umgebung gefunden: "In Amerika herrscht eine extreme Disparität von Reichtum und Macht ...".
Und diese klaffende Schere von Reichtum und unterer Mittelschicht könnte auch ein Grund für Travis Neigung sein, in bestimmten Situationen zuzuschlagen. Insgesamt vier Mal wird in diesem Roman davon berichtet. Einmal - es ist eine historische Wiederholung des Vorfalls eines bekannten US-Basketballspielers, der einen aus seiner gegnerischen Mannschaft niedergeschlagen hat. So etwa ergeht es auch Travis und er muss in den Jugendknast. Wiederholungen könnten dazu führen, dass er aus der Schulmannschaft für immer ausgeschlossen wird. Ein weiteres Paket, an dem Travis trägt ist die Erinnerung an das Zusammenleben mit seiner drogensüchtigen Mutter. Und um seiner geliebten krebskranke Großmutter etwas Abwechslung in ihrem Dasein zu ermöglichen, setzt er zwei junge Kaimane im stadtnahen See aus, was für weitere Probleme sorgen wird.
Auch seine Freundin Natalie ist vorbelastet. Sie hat eine Narbe unterhalb eines Auges auf Grund eines Unfalls, ihr Stiefvater scheint sie zu belästigen und sie wurde von einer Mitschülerin am Knie schwer verletzt, da sie sich an ihren Freund rangemacht hatte. Die Verletzung zwingt sie, etwa ein Jahr beim Fußballspielen zu pausieren.
Das sind durchaus nachvollziehbare Situationen, wo man nur noch lachen kann. Als aber dann Creature an den Folgen der Messerattacke stirbt, bricht für Travis eine Welt zusammen und er schlägt den Arzt nieder, der ihm die Todesnachricht überbracht hat. Er muss wieder in eine Erziehungsanstalt.
Doch jetzt hält Natalie zu ihm. Ein neuer Moment, der in eine bessere Zukunft weisen kann.
Peter Brown Hoffmeister ist mit "Manchmal kann man nur noch darüber lachen" ein tiefsinniger Roman gelungen, der sich einem vielleicht erst beim zweiten Lesen so richtig erschließt. Auch ein weiteres Lesen lohnt sich absolut.
Dann entdeckt man nämlich die literarischen Feinheiten, die Spuren, die er im Roman gelegt hat um Spannung zu erzeugen und man entdeckt auch die feinfühlige Szene der Nähe zwischen Natalie und Travis, wenn sie zu ihm sagt: "Travis, bitte erzähl mir was. Erzähl mir etwas von dir, das ich nicht weiß". Und man erkennt dann auch, dass die letzte Prinzessinnengeschichte eine absolut lebenslange Liebesgeschichte erzählt. Vielleicht für Travis und Natalie? Oder für uns?

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Diese Rezension wurde verfasst von WaMi; Landesstelle: Bayern.
Veröffentlicht am 02.08.2020