Lydia

Autor*in
Kaldmaa, Kätlin
ISBN
978-3-907277-15-7
Übersetzer*in
Murmann, Maximilian
Ori. Sprache
Estnisch
Illustrator*in
Röömus, Jaan
Seitenanzahl
48
Verlag
Baobab Books
Gattung
BiografieSachliteratur
Ort
Zürich
Jahr
2022
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFachliteraturFreizeitlektüre
Preis
19,50 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wer war oder ist Lydia? Warum ist sie unter dem Nachnamen "Koidula" so berühmt geworden, dass ihr Portrait sogar auf einem Geldschein abgedruckt worden ist? Und dabei hat sie eigentlich einen ganz anderen Nachnamen. Und aus welchem Land kommt diese Frau, deren Gedichte zu Liedern geworden sind und auch heute noch nach über 100 Jahren gesungen werden?

Beurteilungstext

1843 ist Lydia Jannsen in einem kleinen estnischen Dorf nahe Pärnu an der Südwestküste zur Welt gekommen. Damals gab es noch kein Estland, sondern das Gebiet wurde Livland genannt. Ihr Vater war Lehrer und Journalist. Er hat die erste Tageszeitung - Perno Postimees - in estnischer Sprache herausgegeben. Mit 14 hat Lydia ihn in seiner journalistischen Arbeit unterstützt, ebenso in der Schule, wenn er auswärts unterwegs war. Dass diese Zeitung in estnischer Sprache erschienen ist, war auffallend, denn damals war Russisch die Amtssprache. Estland war unter der Herrschaft des russischen Zaren.
Lydia liebt Wörter, liebt die Sprache und liebt es Gefühle und Gedanken auszudrücken. Sie beginnt Gedichte zu schreiben. 1866 erschien ihr erster Gedichtband - allerdings ohne ihren Namen, denn damals war es unüblich, dass Frauen Bücher publizierten.
Inzwischen ist die Familie in die Universitätsstadt Tartu gezogen, wo ihr Vater wieder eine Zeitung herausgibt - es ist eine landesweite Zeitung, nicht mehr nur ein kleines Lokalblatt. Jetzt kommen nicht nur Studenten in das Haus der Familie Jannsen, sondern auch wichtige Männer der Geisteswissenschaft. Und Lydia veröffentlicht wieder einen Gedichtband, schreibt Lyrik für ein Schullesebuch und Wissenschaftler und Gelehrte werden auf sie aufmerksam. Es ist der Sprachwissenschaftler und Journalist Jakobson, der auch in Viljandi eine Tageszeitung herausgibt, der ihr vorschlägt einen Künstlernamen anzunehmen: Koidula.
Lydia wird Lehrerin, Journalistin und Schriftstellerin. Sie setzt sich für die estnische Sprache ein. Sie engagiert sich für einen internationalen Austausch von Wissenschaftlern und pflegt freundschaftliche Kontakte zu finnischen Sprachwissenschaftlern und Folkloristen. Sie setzt sich für die Freiheit eines unabhängigen Estlands mit Hilfe ihrer Gedichte und Lieder ein.
1873 heiratet sie einen Arzt aus Lettland und zieht mit ihm in die Nähe von St. Petersburg. Inzwischen spricht sie Russisch, Deutsch und Finnisch. Sie ist als Übersetzerin tätig und hat unendlich viel in ihrem Leben vor. Doch sie stirbt mit 42 Jahren an Brustkrebs.
Die Unabhängigkeit von Estland hat sie nicht mehr erlebt. Aber heute noch werden ihre Gedichte in Schulbüchern abgedruckt und ihre Lieder werden auf den großen estnischen Sängerfesten gesungen.
Die estnische Schriftstellerin Kätlin Kaldema hat Lydias Leben mit der Geschichte Estlands verwoben. Vor allem ihre Kindheit, ihre Jugend steht im Vordergrund dieser Biografie, die für Kinder gedacht ist. Gedichte von ihr sind in Estnisch und in der deutschen Übertragung eingefügt. Am Ende des Buches stehen drei kurze kindgerechte Kapitel zur Geschichte Estlands, zur Frage der Selbstbestimmung von Völkern und zur "Singenden Revolution" vom 23. August 1989. Vervollständigt wird der Anhang mit einer Zeitleiste, die von Lydia Koidulas Geburt bis zum Beitritt Estlands in die EU 2004 reicht.
Jaan Röömus hat dazu Illustrationen in den Farben Blau und Rot geschaffen. Detailliert wie Landkarten, liebevolle Karikaturen, phantastische Traumskizzen oder photographische Zeichnungen von Lydias Gedichtbänden.
Auch wenn für viele von uns Estland ein fernes und unbekanntes Land sein mag, so spüren wir doch gerade im Jahr 2022 wie wichtig die Unabhängigkeit von kleinen Ländern ist, wie wichtig die Selbstbestimmung von Völkern ist und sie nie unterdrückt werden dürfen. Und vielleicht ist dieses Buch auch ein Einstieg für Erwachsene in die überaus interessante literarische Szene von Estland im 19. Jahrhundert. Betrachtet man die Personen im Kapitel "Große Freundschaften" genauer, so erkennt man, in welch intellektuellem Kreis Lydia Koidula sich bewegt hat. Immerhin hat F. R. Kreuzwald den Esten und der Welt das estnische Nationalepos "Kalevipoeg" geschenkt.
Wer einmal durch dieses wunderschöne Land gereist ist, hat eine Ahnung von der Größe und Weite dieses kleinen Landes gespürt. Seen und Wälder soweit das Auge reicht, Meeresküsten mit riesigen Findlingen und dazwischen kleine Ortschaften mit freundlichen Menschen. Man wird erkennen, wie diese Natur die junge Lyrikerin und ihre Gedichte geprägt hat.
Maximilian Murmann hat diese Biografie überzeugend in die deutsche Sprache übertragen. Und es ist Baobab zu verdanken, dass es einen Weg zu uns gefunden hat.

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Diese Rezension wurde verfasst von WaMi; Landesstelle: Bayern.
Veröffentlicht am 14.09.2022

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