Leute, ich fühle mich leicht
- Autor*in
- Hennig von Lange, Alexa
- ISBN
- 978-3-570-16003-9
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 268
- Verlag
- –
- Gattung
- –
- Ort
- München
- Jahr
- 2008
- Lesealter
- 14-15 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- –
- Preis
- 12,95 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Die 15jährige Lelle lebt in einer ziemlich abgedrehten Familie und versucht sich selbst stark und unabhängig zu machen durch Hungern. Nur so fühlt sie sich leicht, selbstbestimmt und autark zugleich. Sie verliebt sich in Johannes, der sie so nimmt wie sie ist und sie auch in der Klinik besucht, in die sie nach einem ihrer vielen (gelegentlich auch gespielten) Zusammenbrüche gelandet ist.
Beurteilungstext
Erzählt wird aus der Ich-Perspektive von Lelle, die in flottem, flapsigen Ton von sich und all den Turbulenzen um sie herum erzählt, über sich und das Leben allgemein nachdenkt und sich selbst differenziert einschätzt und ergründet. Dabei glaubt sie sich durch die Kontrolle über ihren Körper durch das Hungern und die dabei aufzubringende Disziplin eigentlich fast allen überlegen. So macht sie sich unabhängig von ihrer Mutter, deren ständiger (berechtigter!) Sorge um sie sich zumindest zeitweilig und mit vielen Tricks entzieht. Ihrem Vater braucht sie nichts vorzumachen, der ist sowieso abwesend. Ihre gefühlte Überlegenheit über andere wird auch deutlich in ihren Beschreibungen und Charakterisierungen anderer Jugendlicher besonders der Mädchen, die eigentlich alle irgendwie langweilige Normalos sind, die nicht wissen was das Leben wirklich ist. Das weiß aber Lelle und deshalb will sie es intensiv spüren. Als sie Johannes kennenlernt, hat sie das Gefühl, er ist ein Seelenverwandter und die beiden ritzen sich Muster ("Mikroben") tief in die Haut. Ansonsten hält Lellle wenig bis nichts von den männlichen Wesen, die diesen Planeten bevölkern - sie erscheinen ihr hauptsächlich als Sexmonster, die sich von ihrer Schwester Cotsch oder anderen aufgetakelten Weibern ins Bett zerren lassen, um dann bei ihren Ehemännern und Freundinnen jammernd herumzusitzen und über die verflossene Liebe zu faseln.
Sehr gelungen finde ich die Selbstreflexionen von Lelle, in denen ihre Situation in all ihrer Dramatik und Problematik aufscheint. Da spürt man, dass Lange das Thema und auch ihre Figur ernstnimmt und durch die ironische Brechung eine kritische Distanz schaffen kann, die es ermöglicht, Lelles Sehnsucht nach heiler Kindheit, Liebe und Anerkennung als Hintergrund für ihre Magersucht zu kommunizieren.
Gut liest sich das alles aber nur, wenn man Soaps als Literatur getarnt mag. Der Alltag der Familie ist so katastrophenbeladen und im Detail so voller slapstickartiger Szenen, dass man beim Lesen nicht umhin kann, sich dies in GZSZ oder ähnlichen Serien im Vorabendprogramm vorzustellen.
Schade, denn durch diese übermäßige Anhäufung von kleinen und großen Katastrophen in einem recht kurzen Zeitraum von wenigen Tagen/Wochen nimmt die Autorin der Geschichte die Glaubwürdigkeit und Authentizität, die durchaus in der Figur angelegt ist.