Leihst Du mir Deinen Blick

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Teaser

Tal ist 17, Jüdin, und lebt in Israel. Der Palästinenser Naïm ist 20 und lebt im Gazastreifen. Nachdem in der Nähe von Tals Haus ein Bombenanschlag verübt wird, schreibt sie sich ihre Gedanken, ihre Hoffnungen und Ängste von der Seele und schickt den Brief per "Flaschenpost" in den Gazastreifen. Naïm findet die Flasche. Er lässt sich nur zögerlich auf einen E-Mail-Kontakt ein, führt diesen aber dennoch fort und öffnet seinerseits für Tal ein kleines Fenster, um auf die "andere Seite" zu linsen.

Beurteilungstext

Eindrucksvoll schildert der E-Mail-Wechsel der beiden jungen Erwachsenen die beiderseitigen Traumata, die der immer schwelende Konflikt verursacht. Das Buch geht weit über eine reine Beschreibung der Situation hinaus: Es macht deutlich, wie Hass entsteht und geschürt wird, und wie machtlos Menschen sind, aus einem solchen Teufelskreis auszubrechen. Naïm schafft es, sich der israelischen Perspektive zu öffnen, denn Tal schildert ihm auf eine ehrliche, persönliche und niemals vorwurfsvolle Art ihre Sicht der Dinge, ihre Gefühle und Hoffnungen. Auch sie bekommt einen Einblick in das Alltagsleben der Palästinenser in Gaza.

Schließlich erreicht Naïm sein Ziel - ein Auslandsstipendium - und verlässt den Gazastreifen. Drei Jahre lang will er in Kanada studieren, "und ein ganz neues Leben beginnen, ein neuer Mensch sein. Nicht mehr an dieses Land gefesselt sein, das Tag und Nacht bebt, das dich am Schlafen hindert, das dich daran hindert, du selbst zu sein."

Diese Brieffreundschaft zwischen Israel und Palästina bringt dem fernen Leser einen immer wieder eskalierenden Völkerkonflikt näher. Auf die Perspektive zweier, eigentlich unbeteiligter Jugendlicher heruntergebrochen, entfaltet sich die Komplexität der gegenwärtigen Situation im Nahen Osten.