Kommt Zeit, kommt Opossum

Autor*in
Black Reinhardt, Jennifer
ISBN
978-3-423-76377-6
Übersetzer*in
Ickler, Ingrid
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Black Reinhardt, Jennifer
Seitenanzahl
30
Verlag
dtv
Gattung
Bilderbuch
Ort
München
Jahr
2022
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüreVorlesen
Preis
14,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Angst ist ein Thema, das jeden betrifft. Doch wie geht man damit um und wie überwindet man sie? Sehr anschaulich, nicht nur für den/die kindliche*n Leser*in, erklärt die Autorin Jennifer Black Reinhardt wie sich ein Opossum und ein Gürteltier bei Angst verhalten und deutet dies fiktiv auf menschliches Verhalten um. Was dabei herauskommt? Lassen Sie sich überraschen!

Beurteilungstext

Wer bemerkt nicht gleich, dass in dem Titel des Buches „Kommt Zeit, kommt Opossum“, das sehr ähnliche Sprichwort „Kommt Zeit, kommt Rat“, anklingt. Gemeint ist damit, dass die Zeit die Lösungen für ungeklärte Situationen bringen wird, man muss nur abwarten und dafür offen bleiben. Aber das ist oft leichter gesagt als getan, verlangt unsere schnelllebige Welt doch häufig die einfache „to-go“ Lösung im Handumdrehen. Warten ist out.
Der Protagonist dieses sehr liebevoll gestalteten Buches ist das Opossum Alfred. Es platziert sich als Blickfang in einer witzigen Position von einem Ast hängend in der Mitte des Covers. Freundlich lächelnd mit ausgestreckter Hand empfängt es ein Kleeblatt, das ihm ein kleiner Igel überreicht. Diese symbolische Geste stimmt die Leser*in bereits auf einen positiven Verlauf der Geschichte ein, scheint das Glück ihm doch zugewandt zu sein.
Jedoch zeigt die Intermedialität von Text und Bild auf der ersten Doppelseite, kontrastierend zum Cover, ein zu Tode erstarrtes Opossum. Sie offenbart der Leser*in in einer durchgängigen Bild-Text-Parallelität das zu bearbeitende Grundproblem des Protagonisten: „Alfred […] war ein ganz schön ängstliches Opossum.“
Hier nutzt die Autorin geschickt reale Eigenschaften aus der Tierwelt, in der ein Opossum bei Gefahr zu Tode erstarrt, und verleiht ihnen menschliche Züge. Denn genau das passiert, wenn Angst um sich greift, sie führt zu psychischer und physischer Erstarrung, zur Zurückgezogenheit und Einsamkeit. Oft gehen damit auch Mutlosigkeit und ein geringes Selbstwertgefühl einher. Und welches Kind kennt das nicht, Situationen, in denen es sich unsicher, abgelehnt oder einsam fühlt? Manche sind davon weniger, andere mehr betroffen. Alfred ist ein sehr, sehr schüchterner Charakter ohne Freunde – genauso wie Sofia das Gürteltier. Auch bei dieser Figur schlägt Black Reinhardt wieder auf geschickte Weise eine Brücke zwischen den Realitäten der Tierwelt, um menschliche Eigenschaften metaphorisch auszudrücken. In einem witzigen Zusammentreffen beider, das in einem erstarrten Opossum und einem zusammengerollten Gürteltier besteht, führt die Autorin der Leser *in pointiert die Komik dieser Konstellation bildhaft vor Augen. Die aquarellierten Zeichnungen entfalten in dieser ausdrucksstarken Gegenüberstellung ihr narratives Potenzial und lassen die Leser*in unwillkürlich ins Schmunzeln geraten.
Die Freundschaft der beiden braucht Zeit und entwickelt sich auf der Grundlage eines tiefen Verständnisses und eines geduldigen, gegenseitigen Wartens auf den anderen. Es ist ein zuversichtliches Warten, das dem anderen die Zeit lässt, die er für seine Entwicklung braucht. „Kommt Zeit, kommt Rat!“. Und tatsächlich „Alfred erstarrte kaum noch und Sofia rollte sich fast nie mehr zusammen.“ Hier könnte die Geschichte enden, aber Jennifer Black Reinhardt gibt ihr noch eine tiefere Wendung. Plötzlich entdecken die beiden nämlich, dass es anderen Tieren ganz genau so geht wie ihnen. Die „Geduld“, das „Verständnis“ und die „Nachsicht“, die sie in der gemeinsamen Erfahrung ihrer Freundschaft entwickelt haben, können sie jetzt an andere weitergeben.

Anmerkung

Sicherlich finden sich im literarischen Gespräch mit Kindern viele Beispiele aus ihrer biografischen Lebenswelt, die ähnliche Nöte aufweisen. Situationen der Angst sind ein Thema, das jeden betrifft, Hier macht das Buch Mut, sich oder andere nicht aufzugeben, sondern hoffnungsvoll eine positive Veränderung zu erwarten, denn „Kommt Zeit, kommt Rat!“.
Inspirierend schließt die Lektüre mit einem Glossar über das Verhalten unterschiedlichster Tiere in Situationen der Angst. Damit regt die Autorin zum einen das kindliche Interesse an den vielfältigen Verhaltensweisen der Tierwelt an, zum anderen wird die Auseinandersetzung mit dem Thema „Angst“ greifbar und damit auf natürliche Weise Anlass von Kommunikation.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Siglinde Spuller; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 26.08.2022