König Nesselbart

Autor*in
Wieser, Maria
ISBN
978-3-7022-3390-7
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Neubauer, Karoline
Seitenanzahl
26
Verlag
Tyrolia
Gattung
BilderbuchMärchen/Fabel/SageSachliteratur
Ort
Innsbruck
Jahr
2014
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wie lässt sich ein eher klassisches Märchen von einem griesgrämigen König und seiner Befreiung von dem Bösen mit einer Liebeserklärung an ein „Unkraut“ in einer Geschichte vereinen? Mit „König Nesselbart“ erlebt der Leser, wozu Missmut und Gemeinheit führen können aber auch, wie mit Ausdauer, Einfallsreichtum und einem guten Herzen die Welt ein kleines bisschen besser werden kann. Dass am Ende sogar die so oft verpönte Brennnessel gut dabei weg kommt, überrascht und erfreut gleichermaßen.

Beurteilungstext

„In einem kleinen, unbekannten Land lebte einst ein König.“ Viele Märchen fangen so oder so ähnlich an und begeistern ihre Leser immer und immer wieder. Und auch die märchenhafte Geschichte vom König Nesselbart verspricht gleich zu Beginn, mit Spannung und außergewöhnlichen Illustrationen einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
So erzählt sie vom bösen und mächtigen Herrscher Nesselbart, der mit seinem Brennnesselbart nicht nur furchterregend anzusehen ist und anderen weh tut, wenn man ihm zu nahe kommt. Voller Zorn verbietet er seinen Untertanen außerdem all die schönen Dinge im Leben: lachen, naschen oder spielen. Und so dauert es nicht lange, bis König Nesselbart ganz allein in seinem Königreich lebt. Niemand mag bei ihm sein und alle fürchten sich vor seinem Griesgram. Nur langsam merkt er selbst, wie einsam ihn seine garstige Art macht. Zugeben würde er dies aber nie. Und so beschließt er, sich wenigstens eine neue Köchin zu suchen, um dem Dosenessen zu entkommen. Die Wandersfrau Rosine wird schließlich zur Hofköchin ernannt und bemüht sich fortan, den König glücklich zu machen. Doch alle Anstrengungen sind zunächst vergebens. Rosine will den König wieder verlassen, als ihr plötzlich die leckeren Gerichte wieder einfallen, die sie aus ihrer Wanderschaft kennt. Dabei schätzt sie die Brennnessel als eine wahre Geheimzutat. Und so fasst sie eines Nachts Mut, schneidet ein Stückchen des Brennnesselbartes des Königs ab und zaubert daraus ein so leckeres Brennnesselbrot, dass dieser am nächsten Morgen vor Genuss nur so freudig brummen kann. Und das Wunderbare: an der Stelle des abgeschnittenen Bartes wächst tatsächlich ein Gänseblümchen. Von nun an kocht Rosine jeden Tag neue Brennnesselgerichte, die den König nicht nur freundlicher, sondern auch hübscher werden lassen. Denn es verschwinden nach und nach sein Brennnesselbart und schließlich auch seine erbesensuppengrüne Gesichtsfarbe. Und der König selbst fühlt sich plötzlich wieder frei und beschwingt. Voller Enthusiasmus verbannt er Griesgram und Missmut aus seinem Königreich, schafft alle unnützen Gesetze ab und freut sich, dass nun auch wieder Menschen in sein Land kommen. Und so endet die märchenhafte Geschichte vom König Nesselbart: wenn er nicht gestorben ist, sitzt er noch heute mit seiner Köchin Rosine im Schlossgarten und nascht fröhlich süßen Gugelhupf.
Als Ernährungswissenschaftlerin und Kräuterpädagogin schafft es Maria Wieser mit dem vorliegenden Werk, ihre Liebe zur Natur kindgerecht und kulinarisch ansprechend zum Ausdruck zu bringen. Die auch bei den kleinsten Lesern bekannte und oft missachtete Brennnessel rückt sie dabei als zentrales Element in den Mittelpunkt der Geschichte und damit auch in ein neues, positiveres Licht. Denn mit etwas Fingerspitzengefühl, Ausdauer und Einfallsreichtum lässt sich aus dem vermeintlichen Unkraut reichlich Wunderbares gewinnen. Und der Leser erkennt: auch hinter der mürrischen Fassade des Königs steckt wohl tief drin ein weicher und liebevoller Kern, den es zu entdecken gilt. Bloß gut, dass es noch Menschen in der Welt gibt, die sich solchen Aufgaben widmen, wie hier unsere Köchin Rosine. Auch wenn der Weg dahin nicht einfach ist, so schafft sie es doch, zum Herzen des Königs vorzudringen und seine Liebe zu gewinnen. Seine böse Fassade braucht er nun nicht mehr und legt diese nach und nach ab.
Sich selbst und andere wieder lieben können – ein tiefgründiges und schwieriges Thema, das durch die collagenartigen Illustrationen der Grafik-Designerin Karoline Neubauer kindgerecht verpackt und damit auch für junge Leser handhabbar wird. Ihre gelungene Kombination aus fotografierten und illustrierten Elementen wirkt zunächst befremdlich, aber letztlich genau deshalb so deutungsreich wie spannend. Ohne Scheu fügt sie die wie von Kinderhand entstandenen Zeichnungen und Scherenschnitte mit den detailverliebten Naturaufnahmen zusammen. Gekonnt spielt sie zusätzlich mit dem Bildhintergrund: auf einer Doppelseite sind jeweils alle beschriebenen Elemente vereint. Das Bild erscheint voll, aber nicht überladen. Auf der anderen Seite dominiert je der Text ohne Hintergrund, wobei einzelne Bildelemente aus der Nachbarseite heraus zu purzeln und die kurzen Absätze zu umspielen scheinen. Bild und Text greifen so ineinander über und unterstreichen so ihre gemeinsame Aussage.
Besonders ansprechend wirkt ein zusätzliches stilistisches Element: einzelne Wortgruppen oder Stichwörter werden im Text farblich sowie in einer höheren Schriftgröße abgedruckt und markiert. So rücken entscheidende Geschehnisse ins Blickfeld des Lesers und fassen gleichzeitig die einzelnen Sinnabschnitte kurz zusammen. Auch für Leseanfänger dürfte dies ein interessantes Gestaltungsmittel sein.
Und so kann abschließend behauptet werden, dass die Geschichte vom König Nesselbart sicherlich junge wie alte Buchbetrachter gleichermaßen begeistert. Märchenliebhaber und Naturverbundene dürften verzückt sein. Die Illustrationen sind vielleicht Geschmackssache, doch lädt das Buch ohne Zweifel zum Schmökern und Weitererzählen ein, regt zum Nachdenken an und inspiriert vielleicht auch zum gemeinsamen Kochen und Basteln. Reichlich Zusatzmaterialien zum Downloaden werden dem Leser auf einer Internetseite im Einband praktischerweise gleich mitgeliefert.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von stin; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 11.12.2015

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