Kinder von Hoy. Freiheit, Glück und Terror
- Autor*in
- Lemke, Grit
- ISBN
- 978-3-518-47172-2
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 256
- Verlag
- Suhrkamp
- Gattung
- BiografieErzählung/RomanTaschenbuch
- Ort
- Frankfurt am Main
- Jahr
- 2021
- Lesealter
- ab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- BüchereiFreizeitlektüre
- Preis
- 16,00 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
In ihrem dokumentarischen Roman „Kinder von Hoy“ (2021) stellt Grit Lemke Hoyerswerda als prägenden Ort ihrer Biographie aus verschiedenen Perspektiven und in unterschiedlichen Zeitebenen dar. Eindrücklich beschreiben Weggefährten und Zeitzeugen ihre persönliche Sicht auf die wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklung der Stadt Hoyerswerda von der DDR-Musterstadt über die ausländerfeindlichen Pogrome der Nachwendezeit bis zur Gegenwart.
Beurteilungstext
Hoy oder Hoyerswerda in der Lausitz erlangte zweifelhafte Popularität durch rassistische Ausschreitungen zu Beginn der 90er Jahre. In ihrer Hochphase wurde die Stadt Hoyerswerda aber auch ein Zuhause für zugewanderte Familien aus dem Umland, die beim VEB Gaskombinat „Schwarze Pumpe“ die Energieversorgung der DDR sicherten.
Der mulitperspektivisch angelegte Roman zeigt zunächst die Vorgeschichte der Pogrome gegen die von der DDR angeworbenen Arbeitskräfte aus Vietnam, Mozambique und weiteren Staaten. Für Jugendliche, aber auch in Westdeutschland aufgewachsene Erwachsene wird die Begeisterung beim Aufbau der sozialistischen Modellstadt durch authentisch wirkende Dialoge und Reflexionen der Protagonisten lebendig. Die Figuren basieren auf den realen, oft gebrochenen Biographien der damals Jugendlichen aus Hoyerswerda, die zwischen 1950 und 1970 geboren wurden.
Der Wechsel von Interviewpassagen mit thematisch abgegrenzten Kapiteln zu Familien- und Jugendalltag, Kunst und Kultur zeigt die Entwicklung Hoyerswerdas und die zeitgeschichtliche Zuspitzung des sozialistischen Einheitsstaates, der an Akzeptanz und Integration der DDR-Vertragsarbeiter scheitert. Andererseits wird der Zusammenhalt und das Gemeinschaftsgefühl der Jugendlichen aufgezeigt, die in ihrer künstlerisch-avantgardistischen Arbeit eine Nische für ihre Individualität und Gesellschaftskritik finden. Sprachlich dicht, nah am Alltag und Idiom gestaltet, wird die Vielschichtigkeit der Jugendentwicklung deutlich.
Im Mittelpunkt stehen nicht einzelne Helden, sondern unterschiedliche Jugendliche, deren Kurzbiographien im Anhang dokumentiert sind. Auch David, ein Vertragsarbeiter, der nach den Pogromen 1991 nach Mozambique zurückkehrte, kommt zu Wort. Sein Ausgeliefertsein wird jedoch besonders deutlich durch die internen Kämpfe zwischen nationalistischen und linken Jugendgruppen, die sich bekämpfen. Bedrückend geschildert wird auch der Kehraus und die Abwicklung ehemaliger DDR-Institutionen, wodurch ein differenzierter Einblick in Lebenswirklichkeit und Brüche der Kinder von Hoy gelingt.
Anmerkung
Ein Gewinn für jede Schulbibliothek.