Kinder, das sind eure Rechte

Autor*in
Schade, Ann-Kathrin
ISBN
978-3-522-30444-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Hüller, Lukas Maximilian
Seitenanzahl
104
Verlag
Thienemann
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2016
Lesealter
10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die zehn wichtigsten Kinderrechte werden im Gespräch mit dem Leser und Jugendlichen aus der österreichischen Stadt Hall erklärt und auf Situationen im Alltag bezogen. Obwohl bereits im Jahre 1989 die Vereinten Nationen die internationale Kinderrechtskonvention (KRK) verabschiedete und die meisten Regierungschefs der Welt diese unterschrieben, werden sie häufig nicht umgesetzt bzw. deren Umsetzung von den zuständigen Ämtern verfolgt.

Beurteilungstext

Das Sachbuch geht in seinem ‚Vorwort' zunächst der Frage nach, warum junge Menschen Kinderrechte brauchen. Dabei wird erklärt, dass Kinderrechte dieselbe Gewichtung und Bedeutung wie die der Erwachsenen haben, dass sie gewissermaßen eine Erweiterung der Menschenrechte sind. Die Idee des Buches sowie seine Bilder und Gesprächsanteile entspringen einem Projekt des Künstlers Lukas M. Hüller, das dieser zusammen mit den Künstlerfreunden von CHILD OF PLAY mit Schülern des Franziskaner Gymnasiums in Hall (Österreich) und der Kulturinitiative ubuntu des dort ansässigen SOS-Kinderdorfes BIWAK durchgeführt hat. Daher werden von der Autorin die zehn Kinderrechte ausgewählt, zu denen die Jugendlichen Anknüpfungspunkte in ihrem Alltag finden und auch Stellung beziehen können. Wie man aus dem Nachwort erfährt, erarbeiteten zu den zehn im Buch genannten Kinderrechte - i.e. Gleichberechtigung, Wachsen und Entwickeln, Namen und Nationalität, Nahrung - Wohnen - Medizin, Bildung, Zuwendung, Freizeit, Hilfe und Unterstützung, Schutz und Leben, Frieden - drei Schülergruppen des Gymnasiums sowohl thematisch gestaltete Hütten als auch Geschichten, die mit diesen Kinderrechten zu tun hatten. Diese wurden anschließend auf dem mittelalterlichen Marktplatz der Stadt der Öffentlichkeit präsentiert. Ergänzt wurde das Hüttendorf durch einen Menschen-Fluss, der sich durch das Dorf zog und über den eine Holzbrücke gestellt war. Auf diesem Fluss fuhr das ‚Boat of Hope', ein Symbol für die Menschen, die aus den Krisengebieten nach Europa fliehen.
Aber es gab nicht nur Präsentationen, sondern auch Kontakte mit den Jugendlichen aus dem Kinderdorf, meist minderjährigen Flüchtlingen, die auch nach dem Event noch Bestand hatten.
Zu allen zehn Kinderrechten gibt es zunächst eine allgemein gehaltene Erklärung, die sich auf den Alltag der Schüler bezieht. Hinzu kommen weitere Detailfragen, wie z.B. beim Thema der Gleichberechtigung das Mitspracherecht im Vergleich zu den Erwachsenen, das Recht auf ein neues Smartphone, weil der Freund auch eines hat, oder die Rechte der Flüchtlinge, die in Europa ankommen, zunächst Asyl beantragen und später - bei einem positiven Bescheid - sowohl dieselben Rechte wie die Einheimischen haben als auch das Recht, gemäß ihrer eigenen Kultur zu leben. In diesem Zusammenhang fällt der berechtigte Hinweis, dass sich das alles sehr positiv anhört, aber der Flüchtling zunächst unter sehr eingeschränkten Bedingungen leben muss und Hilfe immer wieder benötigt.
In allen Kapiteln werden die Jugendlichen und der Leser zu einer aktiven Hilfe aufgerufen, in dem die Autorin verschiedene Beispiele anführt, wie gut es den Menschen in Europa geht und wie viele Kinder in ärmeren Ländern mit deutlich weniger auskommen müssen. An einer Stelle ist der Zusammenhang zwischen dem übergeordneten Kapitel-Thema und der ausgewählten Detailfrage nicht nachvollziehbar: Zum Kinderrecht ‚Recht auf Nahrung, Wohnen, Medizin' befasst sich eine Frage mit dem Recht auf Taschengeld. Dies ist kein Recht, aber das Taschengeld hilft den Kindern und Jugendlichen zu einem bewussteren Umgang mit Geld und vermittelt ihnen auf diesem Wege mehr Selbstständigkeit. Dieses Thema wird zu einem späteren Zeitpunkt nochmals aufgegriffen, als es um das Recht auf Schutz und Leben geht. Ausgangspunkt ist der Hinweis auf Kinderarbeit in vielen Ländern, die eigentlich verboten ist. Verlinkt wird dieser Aspekt mit der Hilfe für ältere Menschen oder Familien, die gerne die Unterstützung von Jugendlichen mit einem kleinen Obolus ‚quittieren'.
Insgesamt sind die Aussagen der befragten Schüler sehr authentisch, sie zeigen viel Offenheit und Interesse am Schicksal der Menschen in Krisengebieten oder ärmeren Ländern. Ihre Aussagen spiegeln gleichzeitig deutlich wider, dass die meisten aus einer ‚saturierten' Gesellschaftsgruppe kommen und die Armut in anderen Ländern ‚weit weg' ist. So toll die Idee des Projektes ist und ich die Umsetzung durchaus für gelungen erachte, frage ich mich dennoch, warum der Künstler sich keine Brennpunktschule ausgewählt hat, deren Schülerschaft eine größere soziale Heterogenität widerspiegelt und eine intensivere persönliche Betroffenheit zeigt. Wenn ich in einer ‚heilen Welt' aufwachse, ist es doch relativ einfach ‚großzügig' zu sein, kann ich mir oftmals einen anderen Bildungshintergrund leisten als diejenigen, die tagtäglich - auch auf dem europäischen Festland - um die Umsetzung der Kinderrechte im eigenen Familienkreis kämpfen müssen.
Ich finde das Buch empfehlenswert, weil es die Thematik gut für Jugendliche aufbereitet. Dennoch sollte beim Einsatz in der Klasse kritisch auf die schmale ‚soziale Brille' der Projektteilnehmer Bezug genommen werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von magic.
Veröffentlicht am 01.07.2016