Kinder beschützen! Sexueller Missbrauch - eine Orientierung für Mütter und Väter

Autor*in
Kerger-Ladleif, Carmen
ISBN
978-3-927796-94-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
192
Verlag
Mebes & Noack
Gattung
Buch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Köln
Jahr
2012
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
19,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Sexueller Missbrauch - Eine Orientierung für Mütter und Väter in zehn Kapiteln

Beurteilungstext

Wenn heute von sexuellem Missbrauch die Rede ist, werden Täter leider immer noch als „Kinderschänder“ apostrophiert. Der Begriff nimmt laut Wikipedia „… Bezug auf das Konzept der Schande als Gegenkonzept zur Ehre. Das kindliche Opfer sexueller Gewalt wird somit im Wortsinne mit Schande überzogen, mit der es fortan leben muss …“ Mit dem Verlust der Ehre verliert es auch den Wert als Mensch. „Seine wüste, unzivilisierte Simplizität prädestiniert das Wort Kinderschänder zum Transportriemen für Volkshatz, Vorverurteilung und Verdrängung der jeweils eigenen Schuldanteile“, so die Schriftstellerin Dorothea Dieckmann 1996.
Noch immer scheint es also notwendig zu sein, die Diskussion zu versachlichen, ohne auf Empathie nicht nur für die Opfer, sondern auch für einen Teil der Täter/Täterinnen zu verzichten, das komplexe Thema zu strukturieren und eine Sprache zu entwickeln, die beschreibt, was sexueller Missbrauch tatsächlich ist, welche Folgen er für die Opfer hat, und wie ihnen geholfen werden kann. Carmen Kerger-Ladleif leistet dies auf hervorragende Weise.
„Sexueller Missbrauch …“, schreibt sie am Anfang des dritten Kapitels, „… ist jede sexuelle Handlung an, mit oder vor einem Mädchen oder Jungen. Sexueller Missbrauch bedeutet, dass der Täter/die Täterin die eigene Macht- und Autoritätsposition sowie das Vertrauen und die Abhängigkeit eines Kindes ausnutzt, um seine eigenen – sexuellen – Bedürfnisse zu befriedigen. Sexueller Missbrauch ist immer Gewalt und wird mit der Verpflichtung zur Geheimhaltung verbunden.“ (S. 40)
Die Autorin beschreibt in Kapitel 2 die kindliche Sexualität als etwas Normales, grenzt sie von der zielgerichtet genitalen der Erwachsenen ab und schafft so die Voraussetzung für ein tieferes Verständnis dessen, was wir mit der Begriffspaarung „Sexueller Missbrauch“ zu fassen versuchen. Sie erläutert die strafrechtliche Situation, geht auf die Strategien der Täter ein, entwickelt vorsorgende und Gegenstrategien und zeigt die Wege auf, die beschritten werden können oder müssen, wenn Kinder in der Öffentlichkeit, in Schule, Kita oder Familie sexuell missbraucht werden.
Kapitel 4 widmet sich der Prävention: „Kinder stark machen – sexuellem Missbrauch vorbeugen.“ Hier werden Möglichkeiten aufgezeigt, mit Kindern in angemessener Sprache über Missbrauch zu reden, wobei die Autorin auch einen Schwerpunkt auf „Sexualisierte Gewalt gegen Menschen mit Behinderung“ legt.
Kapitel 5 ist auf das Thema „Missbrauch in der Familie“ fokussiert.
In Kapitel 6 wird die Situation von Eltern beleuchtet, „… die selbst Opfer von sexuellem Missbrauch waren.“
Kapitel 7 konzentriert sich auf die Frage des Verdachts: „Ich habe da so einen Verdacht – was jetzt?“ Hier wird aufgezeigt, an wen sich Eltern wenden können, wenn ihr Kind von einem sexuellen Übergriff berichtet. Dabei geht es auch um die Übergriffe von Kindern an Kinder und um die Frage: „Was tun, wenn mein Kind sexuell übergriffig geworden ist?“
Kapitel 8 widmet sich den sogenannten Neuen Medien: „Wie können Eltern ihre Kinder vor den Gefahren im Internet schützen?“
Kapitel 9 klärt uns über die Traumatisierung derer auf, die Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sind. „Mama sagt, ich bin traumatisiert – aber was ist das?“ Hier geht es um die Symptome einer Traumatisierung und darum, wie „… das Damals noch immer das Heute beeinflusst – oder: Warum leiden manche Opfer ein Leben lang?“
Im letzten Kapitel 10 geht es um „Resilienz – die Kraft des seelischen Widerstands.“ Hier schreibt die Autorin über die Notwendigkeit sicherer Bindungserfahrungen in der frühen Kindheit: "Nicht nur die biologischen Eltern können diese Bindungssicherheit geben, sondern alle Personen, die die Elternrolle übernommen haben, also auch Großeltern, Pflegeeltern oder professionelle Betreuer.“
Mit den „Anlaufstellen und Informationsquellen – eine Auswahl“ schließt das Buch.
Ein wertvolles Werk für alle Betroffenen, also für Eltern, für Lehrerinnen und Lehrer, für Erzieherinnen und Erzieher sowie für Menschen, die in ihrer Kindheit und Jugend Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sind und das Bedürfnis haben, sich rückblickend in die komplexe Thematik einzuarbeiten.

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Diese Rezension wurde verfasst von bf; Landesstelle: Bremen.
Veröffentlicht am 13.10.2018