Kein Abschied für immer - Eine wahre Pferdegeschichte

Autor*in
Berger, Margot
ISBN
978-3-401-45409-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
152
Verlag
Arena
Gattung
Ort
Würzburg
Jahr
2010
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
8,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Die geliebte Norweger-Stute Lika der 14-jährigen Tessa vom Clausenhof in Norddeutschland stirbt völlig unerwartet an einem Aneurysma kurz nach der Geburt des Fohlens Mumin. Das Mädchen trauert stark, sorgt für das Fohlen nur mechanisch, ohne eine Bindung aufzubauen. Da sie sich in ihren Gefühlen von Eltern und Freunden nicht verstanden fühlt, zieht sie sich zurück und findet zufällig im Internet einen Raum für ihre Trauer, von dem aus sie mit dem Verlust umzugehen lernt.

Beurteilungstext

Das Pferdebuch fällt aus dem üblichen Rahmen, da es ohne die gängigen Zutaten wie Ponyhof und Zickenterror bzw. Cliquenbildung auskommt. Stattdessen konzentriert sich die Autorin auf die Verarbeitung des Verlustes. Dieser wird einfühlsam und überaus glaubwürdig - offenbar nach einer wahren Geschichte - aus Sicht der Betroffenen beschrieben ohne klischeehafte, leere Wortwahl.

Sehr gut gelingt es ihr dabei, die Phasen der Trauer zu beschreiben, wie sie auch bei der Trauer um Personen auftreten: Vom Nicht-Wahrnehmen-Wollen über das Sich-Hineingraben in die Trauer, sich dabei unverstanden fühlen bis hin zum Finden von Formen mit dem Verlust umzugehen und weiterzuleben. Margot Berger beschreibt diesen Prozess ganz richtig als einen, der nicht linear abläuft, in dem man sich auch über sich selbst täuschen darf, zum Beispiel wenn man von außen zu etwas gedrängt wird oder selbst merkt, dass man noch nicht so weit ist wie gedacht. Dann darf man auch vermeintliche Rückfälle in frühere Phasen des Trauerprozesses haben oder Entscheidungen rückgängig machen.

Im Internet findet Tessa Seelenverwandte und einen Trauerort. Dies nimmt im Roman mit der wörtlichen Wiedergabe der Interneteinträge viel Raum ein. Sie stößt auf einen virtuellen Tierfriedhof, wo sie auf Gleichgesinnte trifft, die im Gegensatz zu ihren Mitschülern die Trauer um ein Tier nachempfinden können. So kann sie dort ausführlich von ihrer Stute erzählen, den Verlust verkünden und über ihre Gefühle schreiben. Besonders erleichternd ist, dass sie ihre Gefühle nicht erklären und rechtfertigen muss. Die Autorin lässt ihre Hauptfigur allerdings nicht im Rückzug in virtuelle Welten stehen bzw. stecken bleiben, sondern überführt diesen Austausch mit Gleichgesinnten in eine wirkliche Begegnung. Denn Tessa trifft sich mit der 16-jährigen Maja, um ein Abschiedsritual an den Klippen von Sylt zu vollziehen, indem sie Gegenstände wie Likas Halfter oder den Sand mit dem letzten Körperabdruck dort der Natur überlässt. Wichtig ist dabei, dass Tessa selbst diese Möglichkeit eingefallen ist und sie somit die ihre eigene Form und den richtigen Zeitpunkt gefunden hat. Betont wird auch, dass es sich um einen Abschied und einen Neubeginn handelt, ohne Lika zu vergessen. Die Autorin thematisiert hier eine wichtige Angst, die jeder intensiv Trauernde, egal ob um ein Tier oder einen Menschen, verspürt, und zeigt anhand von Tessas Weg auf, dass Neubeginn ohne Vergessen und Verraten des Toten möglich ist. Folgerichtig kann sich Tessa nun endlich auf Mumin freuen und sich ihm öffnen. Zudem hat sie von Maja ein Geschenk erhalten, ein gläsernes Pferd, das Majas Mutter nach dem Internetfoto von Lika angefertigt hat. Tessa trennt sich also von den letzten direkten Verbindungen zu Lika und hat zugleich einen neuen Gegenstand, um ihrer zu gedenken.
Mit dieser Pferdegeschichte werden sicher alle Pferdemädchen ab 10 Jahren angesprochen, die sich oft ähnlich intensiv wie Tessa in eine emotionale Bindung zu einem Pferd hineinbegeben. Doch ist der Roman sicherlich auch für alle lesenswert, die Verständnis suchen, wenn sie um ein geliebtes Tier trauern und selbst diese Trauer als überzogen empfinden oder auf missbilligende Reaktionen ihrer Mitmenschen stoßen. Und darüber hinaus handelt diese Geschichte von Trauer an sich, und wie viel Raum sie einnehmen und in welchen Formen sie sich zeigen darf.
Fazit: Eine Geschichte von Liebe, Trauer und Neubeginn - verständnisvoll und ganz großartig.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von KH.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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