Juli und der geheimen Joker

Autor*in
Masannek, Joachim
ISBN
978-3-96185-795-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Birck, Jan
Seitenanzahl
173
Verlag
360 Grad Verlag GmbH
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Leimen
Reihe
Die wilden Kerle
Jahr
2021
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreVorlesen
Preis
13,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ein neuer Band der Erfolgsreihe, der sich nachträglich einfügt. Für alle Fans der Reihe, die mehr wissen möchten und über die Implikationen einiger legal und moralisch äußerst bedenklicher Handlungen hinwegsehen können.

Beurteilungstext

Dieser neue Band der Erfolgsserie fügt sich nachträglich zwischen dem fünften und sechsten Band ein. Die Handlung kehrt zurück zu Juli als Erzähler, um den Joker vorzustellen. Bei diesem handelt es sich um Nadeschda, die Juli bereits vorher auf seinen Abenteuern mit ihren Widersachern Michi und dessen Cousin kennengelernt hat. Für die Kinder dreht sich alles um Fußball und so nutzen sie die Ferien, um sich auf das Spiel gegen die Mannschaft FC Bayern München vorzubereiten. Und für dieses Spiel brauchen sie den Joker. Michi und besonders sein Cousin versuchen währenddessen alles, um Rache an den wilden Kerlen zu nehmen.
Das Buch wird von Juli in typischer Manier erzählt. Themen wie Freundschaft, Zugehörigkeit und der Zusammenhalt in der Mannschaft stehen im Fokus. Diese Seite der Handlung ist kindgerecht und verständlich. Juli als Erzähler sorgt für eine Menge Humor durch seine Ausdruckweise. Für die wilden Kerle wird es nie langweilig, sodass auch in diesem Buch die Spannung über die gesamte Länge aufrechterhalten wird. Die zwei Erzählstränge des geplanten Fußballspiels und des Jokers verlaufen zeitgleich und steigern die Spannung.
Die Seite der Handlung, die sich mit dem Joker beschäftigt, wirft hingegen Fragen auf. Es handelt sich bei den Kindern um circa Neunjährige; einige sind sogar jünger. Die Geschichte ist humorvoll erzählt und beschäftigt sich mit altersangemessen Themen wie Freundschaft und dem Training für ein großes Fußballspiel. Die Kinder verbringen die Ferien zusammen und wachsen auch als Mannschaft zusammen. Doch sondert sich Juli etwas ab, denn er hat einen Plan. Sein Plan beinhaltet, den Joker für ihre Mannschaft zu gewinnen, um ihren Sieg zu garantieren. Dafür verlässt er nachts das Zeltlager und begibt sich auf Gebiet, das von einer anderen Gruppe Kinder unter Michi kontrolliert wird. Diese Gruppe ist in vorherigen Bänden bereits als Widersacher aufgetreten. Auch wenn hier bereits merkwürdig ist, dass diese Kinder scheinbar alleine im Wald leben, so handelt es sich doch um kindliche Rivalitäten. Schließlich spielt die Handlung in einer ganz normalen deutschen Vorstadt.
Doch kommt außer Michi noch dessen erwachsener Cousin ins Spiel, über den angedeutet wird, dass er andere Menschen körperlich verletzt hätte. Er lebt ebenfalls außerhalb der Stadt in einem Lager, dass im Buch Räuberlager genannt wird. Inwiefern es sich bei ihm um einen "Räuber" handelt, wird nicht erklärt. Doch empfindet dieser Cousin den wilden Kerlen gegenüber die gleiche Rachsucht wie Michi. So schließen sich die beiden zusammen. Hier kommt auch der Joker ins Spiel, ebenfalls ein neunjähriges Kind, das zusammen mit seiner Mutter in dem Lager des Cousins lebt. Als Mitglieder der Familie können sie das Lager nicht verlassen. Als der Joker es mit mütterlichem Segen doch tut, nutzt der Cousin seine Macht und holt das Kind von anderen Erwachsenen völlig ungestraft zurück in sein Lager.
Es entsteht eine völlig ungleiche Dynamik, handelt es sich auf der einen Seite doch um Kinder, während auf der anderen Seite ein Despot beschrieben wird, der die Mitglieder seiner Familie unter Verschluss hält und auf verschiedene Weisen missbraucht. Auch andere Erwachsene in Gestalt des Trainers Willi, Julis Mutter und sogar der Polizei können oder wollen sich ihm nicht entgegenstellen. Zu einem Zeitpunkt kommt es sogar dazu, dass er sowohl die Kinder als auch die beiden erstgenannten Erwachsenen in seiner Gewalt hat und gleichzeitig versucht, das Baumhaus der Kinder zu zerstören.
Hier entfernen wir uns also etwas von typischen altersangemessenen Inhalten. Dies hat zur Folge, dass der Ton und die Atmosphäre des Buches stark schwanken. Wird der eine Erzählstrang humorvoll beschrieben, so ist der zweite doch sehr deprimierend und endet damit, dass sich der Joker wieder in der Gewalt des Cousins befindet. Durch seine humorvolle Erzählweise verharmlost das Buch diesen unglaublichen Machtmissbrauch. Dem zweiten Erzählstrang wird nicht die Zeit und Möglichkeit gegeben, um wirklich angemessen behandelt zu werden. Dies ist jedoch unerlässlich bei einer dergleichen Thematik, besonders in einem Buch, das junge Leser:innen anspricht. Ansonsten erscheinen diese traumatisierenden Umstände als alltäglich und normal und als würden sie sich auf der gleichen Priorität wie ein Fußballspiel zu befinden.
Auch andere Aspekte sind etwas fragwürdig. So handelt es sich bei den einzigen Figuren des Buches, die explizit als übergewichtig beschrieben werden, um die Bösewichte. Der "dicke Michi" und der "fette Vetter" werden wiederholt als unattraktiv und unsympathisch beschrieben. Bei dem "fetten Vetter" handelt es sich zudem um einen Rollstuhlfahrer, ebenfalls der einzige im Buch. Damit stellt sich die Frage nach einer unterbewussten (oder auch bewussten) diskriminierenden Darstellung von Menschen mit Übergewicht und Behinderungen. Der starke Fokus auf den Äußerlichkeiten, die mit dem boshaften Charakter gleichgesetzt werden, unterstützt diese. Die äußerlichen Merkmale werden in Verbindung mit dem Charakter beschrieben, sodass die Verbindung auch in den Köpfen der Leser:innen entsteht. Vor allem, da der Joker, der ebenfalls mit Michi verwandt ist, diesem nicht ähnelt. Dies wird mehrfach betont. Die Person aus der Familie, die als sympathisch dargestellt wird, ist also nicht übergewichtig.
Ein kleinerer Kritikpunkt ist die Darstellung von Geschlechterrollen. Dies lässt sich in der gesamten Reihe feststellen und ist sehr typisch für den Erscheinungszeitraum der ursprünglichen Reihe. Wenn wiederholt betont wird, dass auch Mädchen Fußball spielen können, es jedoch nur ein oder zwei Mädchen in die Gruppe schaffen, erinnert das an Diskussionen um Tokenism und Performatismus, anstatt es als Selbstverständlichkeit anzunehmen. In diesem Zusammenhang fällt auch auf, dass eine weibliche Figur in dem Zusammenhang des Klischees präsentiert wird, dass Frauen verwirrend sind und nicht sagen, was sie denken. Diese Figur ist sich ihrer eigenen Emotionen manchmal nicht ganz sicher ist und drückt daher entgegengesetzte Wünsche an andere Figuren aus. Dies lässt sich hervorragend mit der Situation und den Umständen erklären und mit dem immensen Missbrauch, dem die Figur ausgesetzt ist. Von Juli wird dies jedoch als weibliche Eigenschaft interpretiert und dementsprechend den Leser:innen weitergegeben.
Alles in allem werden sich Fans der Reihe bestimmt über zusätzliches Material freuen. Eine unkritische Lektüre lässt vielleicht auch die Nostalgie der ursprünglichen Reihe wieder auferstehen. Doch schwankt das Buch zwischen Problemroman und humorvollem Kinderroman und schafft dadurch keins von beidem so richtig. Der Ton schlägt häufig um und auch die anderen angesprochenen Kritikpunkte sind in Büchern der frühen 2000er zwar fast schon zu erwarten, sollten in aktuellen Veröffentlichungen jedoch eigentlich nicht mehr zu finden sein. Da sich das Buch in eine lange bestehende Reihe einfügen soll, ist dies hier wahrscheinlich allerdings nicht zu vermeiden.

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Diese Rezension wurde verfasst von 167; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 20.03.2023

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