Joseph & Chico

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Chico, ein Kater, erzählt aus dem Leben von Papst Benedikt XVI.

Beurteilungstext

Man kann es eine einfallsreiche Idee nennen, eine Katze aus dem Leben des jetzigen Papstes Benedikt XVI berichten zu lassen: der Junge Joseph und die Katze Chico.
Joseph wurde in Bayern geboren, mitten im kalten Winter, wie Text und Bilder es veranschaulichen. Ein Anklang an bekannte Weihnachtslieder ist unverkennbar und auch der betonte Akzent auf Maria und Josef, den Eltern des Neugeborenen, läuft anscheinend in die Richtung, dass hier ein weltbewegendes Ereignis stattgefunden hat: die Geburt eines Kindes, das als Stellvertreter Christi den Stuhl Petri besteigen sollte.
Wenn man darüber hinwegsieht, dass die Autorin kein Bayer wie Joseph ist, sondern Italienerin, die heute zwar nahe bei diesem Joseph lebt, aber weit entfernt von einer bayerischen Kindheit, so ist das, was die Katze von diesem bayerischen Jungen zu berichten weiß, in etwa mit dem konform, was Leben und Lernen dieses Jungen, nämlich Joseph Ratzinger, ausgemacht hat.
Die Katze erzählt Begebenheiten aus dem Leben des jungen Joseph, die häufigen, durch den Beruf des Vaters bedingten Umzüge, das Gewöhnen an eine neue Umgebung, wobei Jeanne Perego einfließen lässt, dass sich darin auch der spätere Umzug nach Rom widerspiegelt, der den bayerischen Joseph später zu einem Rombewohner auf Dauer macht.
Es wird von kleinen Ereignissen berichtet, etwa, dass Joseph, wieder einmal in einem neuen Dorf, dort in den Fischteich gefallen war, aus dem ihn seine Geschwister retteten. Auch über die Schwierigkeiten, sich dem Seminarleben anzupassen, erzählt die Katze, um dann auch noch kurz die Zeit zu erwähnen, in der Joseph mit knapp siebzehn Jahren Soldat werden musste. Später spielen scheinbar belanglose Kleinigkeiten eine Rolle, wie etwa der Bär des heiligen Korbinian, der zum Wappentier des späteren Erzbischofs und Kardinals Joseph Ratzinger wurde.
Einen nicht unwesentlichen Anteil am Bericht der Katze haben die meist ganzseitigen Zeichnungen von Donata Dal Molin Casagrande, die bildhaft dokumentieren, dass die Katze Chico immer mit dabei war, wenn sich im Leben des Joseph etwas ereignet hat. Irgendwo in den zahlreichen Bildern ist für Kinder die Katze zu entdecken, mal riesengroß das Bild beherrschend, mal ganz klein irgendwo in einer Ecke. Das verlockt selbst kleine Kinder, die noch nicht lesen können, dazu, sich mit dem Bilderbuch zu befassen.
Als Student befasste sich Joseph mit Philosophie und Theologie, zwei Fächer, die nach Meinung der Katze Chico zu kompliziert sind, als dass Katzen - und andere - sie voll verstehen. Dennoch geraten der Autorin immer wieder philosophische Gedankengänge und theologische Einschübe in ihren für Kinder gedachten Text hinein, was dem sonst flotten Erzählfluss etwas leicht Belehrendes verleiht. Doch vielleicht entspricht das dem Denken einer imaginären Katze.
Leider fehlt im Buch die Angabe, wer den Text aus dem Italienischen übersetzt hat, so dass einige kleine, vielleicht nur scheinbare Ungereimtheiten auf Übersetzungsschwierigkeiten beruhen können, zum Beispiel die bitterkalte Winternacht mit Eis und Schnee mitten im April. Dass Chico keine Katze, sondern ein Kater ist, lässt sich nur aus dem Begleittext herauslesen, wenn zwar von "Katze" die Rede ist, aber immer von "er". Doch das sind kleine Ungereimtheiten, die dem Buch nichts von seinem Charme nehmen, der vor allem auf Kinder ausstrahlen wird. Ein lebender Papst und eine erdachte Katze, diese Kombination ist originell und bringt, was beabsichtigt ist, Benedikt XVI. den Kinder, die dieses Buch lesen werden, ein wenig näher.