Jener Sommer

Autor*in
Zeeck, Anna Ciulan
ISBN
978-3-940307-31-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Klement, Hannes
Seitenanzahl
137
Verlag
Desina
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Oldenburg
Jahr
2017
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
13,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Drei chinesische Kinder sind auf dem Sprung von der Unter- in die Oberschule. Da ihr Leben ausschließlich auf Lernen ausgerichtet ist, geraten die Ziele des chinesischen Bildungssystems stark in die Geschichte hinein.

Beurteilungstext

Zwei Mädchen und ein Junge bilden ein Dreieck, in dem das Bildungssystem Chinas deutlich wird, das sich wohl auf wenige Begriffe reduzieren lässt: Schlafen, Essen, Lernen. Das klingt sicher nicht sehr aufregend. Wenn aber Begriffe wie Leistungsdruck, Konkurrenzdenken hinzukommen, die eine ausschließlich prüfungsorientierte Ausbildung im Blick haben, dann wird es schon weniger gemütlich. Und wenn man zum Ende denkt, dann ist es die Erziehung zu dem Egoisten, der andere nur noch als Konkurrenten sieht, den man - wie auch immer - überflügeln muss. Kommt auch noch Geld ins Spiel, denn ohne private Förderprogramme nach und neben der Schule kommt man nicht an die Spitze.
Wir sprechen von Kindern (nach der 6-jährigen Grundschulzeit) während der 3-jährigen Unterstufenschule, von 11- bis 13-jährigen Kindern. Ihr Tagesablauf beginnt oft vor dem Tag der Eltern und endet nicht selten erst kurz vor Mitternacht. Wochenenden und Ferien in unserem Sinn gibt es nicht. Förderschulen bereiten sogar den kommenden Unterrichtsstoff vor, damit man besser sein wird als die Nachbarkinder.
Anna Zeeck macht diese Situation an drei Kindern deutlich. Da gibt es die 12-jährige Shuya, die gerade noch so zu den 20 % der leistungsstärksten Kinder des 1000-köpfigen Jahrgangs ihrer Schule gehört. Ihre Eltern sind nicht wohlhabend, leben selbst aber extrem genügsam, damit sie ihrer Tochter eine möglichst gute Zukunft ermöglichen. Shuyas Freund Wenhua ist Klassenbester (Nummer 31 des Jahrgangs) und lebt im Internat, denn seine Mutter ist vor langer Zeit gestorben, sein Vater verdient als IT-Manager sehr gut, hat gute Kontakte ins Ausland. Zwischen den beiden Kindern bewegt sich das sehr ehrgeizige Mädchen Hanshan, die sich als Freundin von Shuyan andient, in Wirklichkeit aber Wenhua als Freund haben, ihn zugleich jedoch in der Rangfolge der Besten der Klasse und des Jahrgangs überflügeln möchte.
Wir Leser werden in eine uns völlig fremde Welt geworfen, denn neben allen Unterschieden gibt es doch "im Westen" Einigkeit, dass die Entwicklung des jungen Menschen im Fokus steht. Der Schüler soll im Mittelpunkt stehen, nicht der Prüfling. Kreativität soll gefördert werden und eigenständiges Denken. So fordert es der privilegierte Junge Wenhua gegen Ende des Buches. Mit Recht.

Etwa zehn monochrome Zeichnungen lockern den Text auf, schaffen Stimmung: Bambuspflanze, eine Wanduhr, eine große Trauerweide, ein kleiner Arbeitstisch mit einem Stapel Bücher und einem Schreibheft, das von der Tischlampe durch einen Lichtkegel erhellt wird.
Leider bindet Anna Zeeck ihr Anliegen der Sache nicht in eine wirklich spannende oder Liebes-Geschichte ein. Lesekinder im Alter von Shuyan merken sehr schnell, dass hinter der Geschichte eine pädagogische oder politische Absicht steht, und sie lesen vielleicht die Geschichte nicht bis zum Schluss, die mit einer Art Abrechnung zum System endet. Bildungsstudien wie PISA oder Vergleichsarbeiten innerhalb der Bundesländer messen nämlich Ähnliches. Prüfungsorientiertes Lernen trifft die formulierten Bildungsziele selbstverständlich besser. Glückliche Kindheit und selbstbewusste Kinder werden so nicht geschaffen. Das gilt für China genauso wie für Deutschland. Anna Zeeck bringt es in ihrem Buch auf den Punkt.

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Diese Rezension wurde verfasst von uhb.
Veröffentlicht am 01.07.2017