Jane, der Fuchs und ich

Autor*in
Britt, Fanny
ISBN
Übersetzer*in
Pfitzner, Ina
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Arsenault, Isabelle
Seitenanzahl
104
Verlag
Reprodukt
Gattung
Comic
Ort
Berlin
Jahr
2015
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
29,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wenn Helene nach der Schule allein im Bus sitzt, schafft sie bis zu 13 Seiten in ihrem Lieblingsbuch “Jane Eyre”. Wenn aber die anderen Mädchen aus ihrer Klasse mitfahren, über sie tuscheln und kichern, dann kann sie nicht mehr lesen, nur noch warten, dass die Tortur vorübergeht. Als sie auf einer Klassenfahrt vor den Augen aller gedemütigt wird, braucht Helene mehr als nur eine fiktive Freundin, um den Glauben an sich selbst nicht zu verlieren…

Beurteilungstext

“Helene wiegt hundertzehn und stinkt nach Schweiss!” steht auf der Toilettentür und Helene weiß auch genau, das Genevieve ihn geschrieben hat. Mit ihr un den anderen Mädchen stand sie früher auf Petticoats, doch nun lautet die Devise: “Redet nicht mit Helene, keiner kann sie leiden”. Für die Grausamkeiten des Ausgegrenztwerdens findet die Illustratorin starke Bilder, deren Ausweglosikeit durch den durchgehend in Grautönen gehaltenen Band unterstrichen werden. Farbe kommt nur ins Spiel, wenn Helene in die Welt der Literatur, konkret in Charlotte Brontes “Jane Eyre” eintaucht, in der sich eigenes Erleben mit der literarischen Vorlage vermischt. In diesen Szenen wird nicht nur der sonst sehr minimalistische Stil der Zeichnungen durch einen verspielteren Strich aufgebrochen, sondern auch die Größe der Panels sowie die Gestaltung der Schrift(art) ändert sich. Die Graphic Novel reflektiert implizit aber auch (kritisch), dass Literatur und Fantasie zwar bei der Verarbeitung eigener Verletzungen helfen können, jedoch keine Lösung aus dem eigentlichen Dilemma des Fehlens sozialer Anerkennung bringen. So ist es die hart arbeitende (und offensichtlich alleinerziehende Mutter), die Helene zuhause trotz der 2 wilden Brüder Geborgenheit zu geben vermag. Auf der Klassenfahrt, der Kern der Graphiv novel, schildern die Autorin und Illustratorin dann verschiedene Szenen der Schikane, die in einem doppelseitigem Bild münden, in dem Helene mit hängendem Kopf allein in einer “Höhle” aus verschiedenen Schwarz- und Grauringen zu sehen ist. An diesem Tiefpunkt angekommen begegnet ihr vorm “Außenseiter-Zelt” ein roter Fuchs, der diesen Ort zum “Zelt der Wunder” macht. Dann landet Geraldine in diesem Zelt und schlussendlich findet Helene nun doch noch eine reale Freundin. Das besondere an dieser Außenseiter-Geschichte ist nun nicht nur die anspruchsvolle graphische Darstellung, sondern auch die Tatsache, dass die v.a. sprachlich immer wieder thematisierte Fettleibigkeit Helenes in den Zeichnungen nicht gespiegelt wird, sodass man den Eindruck erhält, sie bilde sich diese nur ein. Dies bietet viel Raum für Interpretation: zum einen kann so überdeutlich werden, wie ungerecht Ausgrenzung ist und dem oft keine rationalen Kriterien zugrunde liegen, zum anderen kann in dieser “Einbildung” ein Grund identifiziert werden, mit dem Helene ihre Ausgrenzung benennen will.
Besonders ansprechend ist auch die wertige Produktion der Erzählung, es handelt sich um ein großformatiges leinengebundenes Hardcover, welches auf dickem Papier gedruckt ist.
Die Graphic Novel wird introvertierte Mädchen (und Erwachsene) berühren und begeistern!

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Diese Rezension wurde verfasst von FC.
Veröffentlicht am 01.10.2015