Indische Märchen und Götterlegenden

Autor*in
(nacherzählt von) Diederichs, Ulf
ISBN
978-3-423-13506-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
224
Verlag
dtv
Gattung
Märchen/Fabel/Sage
Ort
München
Jahr
2006
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
8,50 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eine Sammlung von Götterlegenden und Märchen aus Indien.

Beurteilungstext

Der Nacherzähler Ulf Diederichs hat eine sehr wichtige erzieherische Arbeit geleistet, indem er "Märchen" und "Götterlegenden" aus Indien zusammengestellt hat- und nicht nur dies. Er hat auch indische Illustrationen beigefügt und vor jedes Kapitel eine Seite mit Beschreibungen einer wichtigen Gottheit Indiens gestellt. So erfahren wir Grundlegendes über Garuda (S. 10), Shivas Familie(S. 20), Rama (36), Vishnu (S. 52), Krishna(S. 68), Buddha (76), Hanuman (S. 98), Kali (110), Narasimha (S. 128), Kubera (S.136), Kama (S. 152), Durga (S. 164), Shiva mit Nandi (S. 172), Shiva als König des Tanzes (S. 185) und Ganesha(S. 196). Der Leser wird über die Schreibweise und Aussprache unterrichtet (S. 206) und am Ende folgen ein ausführlicher Quellennachweis zu verwendeten Übersetzungen und kurze Informationen zu dem Inhalt der Quellen mit angeblichen Zeitpunkten ihrer Entstehung. Die Entstehung der genannten Quellen erstreckt sich von ca. 1000 v. Chr. bis 1100 n.Chr.
Der Leser wird erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass es indische Erzählungen gibt, die westlichen sehr ähneln. Nehmen wir zum Beispiel die Geschichte von den zwei Frauen, die jede für sich behauptete sie sei die Mutter eines Knaben. Der Richter befahl dann den Knaben zu teilen, worauf die falsche Mutter sich freute und die echte Mutter sich sorgte. Sie bekam den Knaben. Wie kommt es zu diesen Ähnlichkeiten? Solche Fragen sind der Anfang zu einem vertieften Studium der Wanderungen von Ideen.
Die gewählten Quellen zählen zu den bekanntesten und wichtigsten, nämlich die Brahmanas, Upanishaden, das Mahabharata, das Ramayana, das Pancatantra, der Kathasaritsagara, der Hitopadesha und die Jatakas, aber auch Texte wie das Dashakumaracarita, die Vetalapancavimshatika, das Vikramacarita, die Shuksaptati, der Katharatnakara und der Pancakhyanavarttika. Wir lernen etwas über die Geburt des Gottes Parajapati aus dem goldnen Ei, über den Kampf der Geschlechter im Mahabharata, über den Raub des Garuda vom Unsterblichkeitsgedränk, über Schwanjungfrauen, über Hanumas Sprung über das Meer, über die Geburt des Krishna, über Geburten des werdenden Buddha, über Hetären, verwegene Spieler, falsche Minister und über vieles Absonderliches, Verlockendes und Abstoßendes. Die Lust und Neugier zum Lesen wächst mit jedem Abschnitt. So will es auch der Nacherzähler, dass wir es empfinden. Wir sollen die Texte wie Märchen oder Legenden lesen wie wir und viele heutige säkularisierte indische Leser es gewohnt sind. Ich habe nichts dagegen einzuwenden, hätte mir aber doch wenigstens eine Andeutung gewünscht, dass die Gattungen "Märchen" und "Legenden" Europäismen sind, die, wenn sie den alten Indern unterschoben werden, zu Orientalismen werden, also zu Ausdrücken einer westlichen Bewertung, die der östlichen aufgestülpt wird. Eine kurze Einführung für den Anfänger zu den indischen Gattungen der gewählten Texte wäre wünschenswert.
Schließlich noch ein Wort über die Schreibweise indischer Worte. Ich würde kein Wort darüber verlieren, wäre es nicht so, dass das Buch sich an Neulinge wendet, die doch gleich auf den richtigen Weg kommen sollten. Der Nacherzähler bezeichnet seine Schreibweise als der in Europa in nichtfachlichen Publikationen folgend (S. 206). In Wirklichkeit hat er durchgehend eine Mischform zwischen verschieden Schreibweisen, eine mit und eine ohne Sonderzeichen.
Diese kritischen Bemerkungen sollen uns nun nicht davon abbringen, dass es dem Nacherzähler sehr gelungen ist mich als Vertreter für den Leser in den wahren Ozean der Märchenströme eintauchen zu lassen, um auf altindische Weise das Numinose als etwas Selbstverständliches zu erfahren.

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Diese Rezension wurde verfasst von ps.
Veröffentlicht am 01.01.2010