In einem alten Haus in Berlin. Ein Streifzug durch 150 Jahre deutsche Geschichte

Autor*in
Wolf, Kathrin
ISBN
978-3-8369-6088-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Kreitz, Isabel
Seitenanzahl
64
Verlag
Gerstenberg
Gattung
Buch (gebunden)
Ort
Hildesheim
Jahr
2023
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Büchereididaktisches MaterialFreizeitlektüreKlassenlektüreVorlesen
Preis
28,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ein Rückblick auf 150 Jahre deutsche Geschichte mit all ihren Höhen und Tiefen - verknüpft mit dem individuellen Leben einer Familie in einem Mehrfamilienhaus. Die Idee ist nicht neu, aber in diesem Buch wurde sie besonders gut umgesetzt.

Beurteilungstext

Bereits auf den Vorsatzseiten werden die Leser von alten Fotos, Plakaten, Dokumenten, Münzen und Zeitungsausschnitten gefesselt.
Weiter geht es dann mit einem weitverzweigtem Stammbaum über sechs Generationen, beginnend 1871 mit den Eltern des siebenjährigen Karl Schwartz und endend mit dem 2011 geborenen Ben. Neben jeder Person sind die Seitenzahlen vermerkt, auf denen sie zu finden ist.
Immer ein Kind der jeweiligen Familie erzählt seine Geschichte selbst.
Karl berichtet begeistert, wie er mit seinen Eltern in ein Mehrfamilienhaus zieht. Papa hat es bauen lassen, hat selbst seine Apotheke im Haus und die eigene Wohnung in der „Beletage“. Diese Wohnung hat neben einem eigenen Zimmer für das Dienstmädchen schon ein Bad und eine Toilette mit Wasserspülung – ein absolutes Novum. Die Mieter der anderen Wohnungen müssen noch die Toilette im Treppenhaus aufsuchen.
Diese persönlichen Erzählungen wechseln sich ab mit schlaglichtartigen Nachrichten über das Geschehen der Zeit. Politische Ereignisse wie der Deutsch-Französischer Krieg, die Gründung und Zerschlagung des Kaiserreiches und Gründung des Deutschen Reiches, das unerträgliche Weltmachtstreben, der 1. und 2.Weltkrieg, Hunger und Elend, Judenverfolgung (wird nur sehr verhalten angedeutet), die Olympischen Spielen 1936 sind nur einige der Themen.
Das Buch endet 2021 mit der Corona-Pandemie und der Eröffnung eines Cafés durch Bens Mutter in den Räumen der Apotheke.

Parallel zu den politischen Informationen werden technische Neuerungen wie die erste elektrische Straßenbahn, Erfindung des Fernsehens, der Waschmaschine oder des Kühlschranks thematisiert und auf aktuelle Mode und Musikrichtungen, Stars und Sternchen (Romy Schneider, Roy Black) zurückgeblickt.

Natürlich kann man auf den wenigen Seiten des Buches nicht alles beleuchten und es gibt immer mal große Zeitsprünge. Viele knappe Aussagen bedürfen der vertiefenden Erklärung durch Erwachsene (z.B. Bücherverbrennung; oder warum es bemerkenswert ist, dass plötzlich eine Hannah Mayer aus Amerika im Café steht, um zu sehen, wo ihre Urgroßeltern mal gelebt haben….).
Aber es liefert unglaublich viele Stichpunkte und damit Anregungen zur Diskussion, zum Erzählen und Zurückblicken.
Viele heute unbekannte Worte wie Nachtstuhl, Inflation, Jungvolk, Versehrte, Frolleins, Car-Pakete oder Mauerspechte werden vor allem die Großeltern zu unendlichen Geschichten anregen.

Die Illustrationen sind ebenfalls sehr bemerkenswert. Die Wohnräume wurden „aufgeschnitten“ und erlauben so einen sehr anschaulichen Einblick, die anderen Informationen werden durch kleinteilige Fotos, Faksimile, Skizzen vermittelt. Am Ende gibt es eine Doppelseite mit Worterklärungen und Links auf weitere Museen zur Berliner bzw. Deutschen Geschichte.

Die Autorin des Buches hat Kunstgeschichte und Museumsmanagement studiert und mit dem Stadtmuseum Berlin zusammengearbeitet. Ihr ist ein sehr lebendiger, unterhaltsamer und einprägsamer Geschichtsunterricht gelungen! Und als solcher auch als Klassenlektüre zu empfehlen.




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Diese Rezension wurde verfasst von Dagmar Pliefke; Landesstelle: Berlin.
Veröffentlicht am 13.11.2023