In Afrika war er nie

Autor*in
Lembcke, Marjaleena
ISBN
978-3-312-00938-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
112
Verlag
Nagel & Kimche
Gattung
Ort
Zürich
Jahr
2003
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
9,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der 13jährige Juhani hat nie verwunden, dass sein Vater vor sechs Jahren mit einer Harley-Davidson die Familie verlassen hat. Seit aber ein solches Motorrad in der Gegend aufgetaucht ist, träumt er nur noch vom Wiedersehen.
Auch sein bester Freund Pentti bringt ihn nicht auf andere Gedanken, das schafft erst Milja mit den weißblonden Haaren und den sehr blauen Augen, in die er sich verliebt. Am Ende kommt sein Vater tatsächlich wieder, aber dennoch ist alles anders als geträumt.

Beurteilungstext

So ein Buch muss man lesen, wenn schlechtes Wetter ist und man miese Laune hat - aber bei schönem Wetter und guter Laune macht es ebenso viel Freude. Marjaleena Lembckes Bücher sind immer wieder überraschend: Wofür andere dicke Wälzer benötigen, das packt sie in ein schmales Bändchen, doch nie hat man das Gefühl, da sei etwa alles nur kurz abgehandelt. Wo andere vor Betroffenheit zerfließen, da wird ihr Sprachgebrauch lockerer und leichter, je schwerer die kleinen und großen Schläge des Lebens die Akteure treffen, doch gerade so entwickelt sich innere Anteilnahme ohne äußere Scheingefühle. Je komplizierter Gefühle und Situationen werden, desto unkomplizierter und eingängiger wird Lembckes Sprache und Stil.
Wo andere Verwicklungen dramatisieren und künstlich hochpuschen, da wiegelt sie ab und lässt menschliche Katastrophen wie Tod (Juhanis Mutter hat ein Beerdigungsunternehmen), Alkoholismus, zerrüttete Ehen und psychische Folgen des Krieges (Miljas Vater hat angeblich einen “Granatensplitter im Kopf”, die Erzählung spielt um 1960) fast im Nebensatz aufleuchten, ohne sie deswegen abzutun oder in ihrer Bedeutung zu missachten, aber gerade die subtile Wirkung ist am stärksten “unter die Haut gehend”.
Genau so wirksam sind die durchaus vorhandenen, wenn auch nie deutlich zur Schau gestellten pädagogischen Hilfestellungen, mit denen sie dem jugendlichen Leser einen eigene Fähigkeiten erweiternden Zugang zu den oben genannten Problemfeldern ermöglicht. Seien es Totenkulte und Begräbnisrituale oder der Umgang mit “schwarzen Schafen” in Familien, seien es Streitigkeiten oder gescheiterte Lebensplanungen - obwohl dem ersten Anschein nach gar nicht Themen des Buches, findet sich Stoff zu solchen Bereichen, der für längere Abhandlungen reichte. Vermittelt wird dies aber nie in klugen Einschüben eines allwissenden Autors, sondern aus dem Mund der handelnden Personen, die solche Themen einfach besprechen und dem Leser so gleichzeitig die Erfahrung vermitteln, dass man derartiges besprechen kann und auch zu Erkenntnissen gelangt. Und weit und breit ist kein erhobener pädagogischer Zeigefinger sichtbar oder fühlbar. Könnten das doch mehr Kinder- und Jugendbuchautoren!
Passend zum Stil des Buches ist natürlich auch der Inhalt. Alles ist ein bisschen anders als gewohnt, ohne unrealistisch zu sein, es ist auch nicht idealisiert - das Happy-end ist eigentlich kein solches, die Beziehung zu Milja bleibt zunächst noch vage und unsicher, die Freundschaft zu Pentti leidet an der Neuorientierung - und doch wünschte man sich, die Personen kennenzulernen, kann sich aber gleichzeitig kaum vorstellen, dass all das in Deutschland möglich wäre, dazu sind die meisten hier zu wenig offen, zu kompliziert, schematisiert und “schubladisiert”. Aber auch das ist ja ein pädagogischer Ansatzpunkt, der das “Beackern” lohnte.
Frau Lembcke, allergrößte Hochachtung und Respekt und vor allem - mehr davon!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von bh-rp.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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