Ich habe einfach Glück

Autor*in
Hennig von Lange, Alexa
ISBN
978-3-499-21249-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
251
Verlag
Rowohlt
Gattung
Ort
Reinbek
Jahr
2002
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
12,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die fünfzehnjährige Lelle ist magersüchtig und lebt mit ihrer ebenfalls psychisch labilen, zerfallenden Familie in einer bürgerlichen Einfamilienhaussiedlung. Bei einer nächtlichen Suche nach ihrer wieder einmal verschwundenen Schwester Cotsch kommt Lelle gegen den Willen ihrer Mutter dem Nachbarssohn Arthur näher und verliebt sich in ihn.

Beurteilungstext

Die Ich-Erzählerin Lelle beschreibt aus ihrer Sicht das Geschehen. Sie erzählt von ihren ganz normalen pubertären Problemen, mit ihrem sich verändernden Körper und der beginnenden Sexualität zurechtzukommen. Sie beschreibt aber auch die ungeheuer bedrückenden Verhältnisse in Ihrer Familie. Lelles Mutter hat nicht gelernt, sich von ihren erwachsen werdenden Töchtern zu lösen und versucht, mit ständiger Einflußnahme das durchzusetzen, was sie für das Beste für ihre Kinder hält. Cotsch ist eine vorbildliche Schülerin, leidet aber an mangelndem Selbstwertgefühl. Sie stellt deshalb aufdringlich ihre körperlichen Reize zur Schau und wirft sich den falschen Männern an den Hals. Die drei Frauen bereiten sich zu Hause gegenseitig ein Wechselbad aus liebevollen Mutter-Tochter-Schwester Beziehungen und massiven Streitereien. Cotsch und Lelle zeigen Verhaltensauffälligkeiten wie Nägelkauen, Kopf-an-die Wand-Schlagen oder Um-sich-Schlagen, ihre Mutter scheint öfter mit der Nachbarin heimlich Alkohol zu trinken und weint oft. Der Vater hat sich fast vollständig aus der Familie zurückgezogen. Er arbeitet viel, und das egozentrische “Gezicke” der Frauen in seiner Familie scheint ihm auf die Nerven zu gehen. Besonders Cotsch und die Mutter leiden darunter, dass der Vater sich nicht mehr um sie kümmert.
Lelle selbst zeichnet ein überzogenes Bild von sich und ihren Lebensverhältnissen. Ihr Leben scheint sich nur in ihrer Familie, der Nachbarschaft und allenfalls noch in der Schule abzuspielen. Die Bekannten der Familie und die Nachbarn scheinen alle nicht normaler zu sein als Lelles Familie, und selbst der Alltag in Lelles Leben wirkt chaotisch. Lelle, die ja alles von ihrer Warte aus beschreibt, scheint gefangen in ihrer negativen Weltsicht, und dadurch werden auch die Charaktere, die sie beschreibt, reduziert auf ihre negativen Eigenschaften. Viele Details, die ihr auffallen, sind unappetitlich. Dies entspricht möglicherweise dem Weltbild einer psychisch kranken Fünfzehnjährigen und spiegelt eine gewisse Authenzität wieder, aber es reduziert auch die Möglichkeiten der Leser, sich ein eigenes Bild von Lelles Situation zu machen. Das Buch verliert dadurch an Tiefe, und auch wenn ein literarisches Werk natürlich kein Tatsachenbericht sein soll, so finde ich es doch spannender, wenn die Leser nicht nur so extrem einseitige Sichtweisen geboten bekommen.
Die Autorin benutzt eine saloppe Sprache, so wie man sie sich von einer Jugendlichen vorstellt, die cool sein möchte. Das stößt sicher auf große Akzeptanz bei den jugendlichen Lesern, schränkt aber auch die sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten ein.
Lelles Magersucht ist stets präsent, obwohl keiner in der Familie das Wort offen ausspricht. Die Reaktionen der Mutter sind typisch. Sie versucht, die Nahrungsaufnahme ihrer Tochter zu überprüfen, sie zum Essen zu animieren und kontrolliert, ob Lelle auf dem Klo erbrochen hat. Lelle wiederum beschreibt sehr treffend, wie schlecht sie sich fühlt, wenn sie gegessen hat und wie eklig sie dicke (oder vielleicht auch nur normalgewichtige) Menschen findet.
Die Autorin zeichnet damit ein durchaus einfühlsames, unaufdringliches Bild der Krankheit, so dass das Buch geignet ist, sich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen.
Lelles Beziehung zu Arthur bietet für sie die Chance, aus dem Teufelskreis ihrer sich selbst zerfleischenden Familie auszubrechen und ist damit ein hoffnungsvoller Lichtblick für eine bessere Zukunft. Die Autorin unterstreicht diese Rolle, indem Arthur von Lelle nur mit positiven Worten bedacht wird. Diese Gegenüberstellung der guten und der bösen Menschen ist ein wenig platt geraten.
Insgesamt ist das Buch durchaus lesenswert.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Spra.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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