Hier wird gebaut! Eine Wimmelbilder-Geschichte

Autor*in
Knorr, Peter
ISBN
978-3-407-81221-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Göbel, Doro
Seitenanzahl
14
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Weinberg
Jahr
2019
Lesealter
0-3 Jahre4-5 Jahre6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
13,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Das neue Wimmelbuch von Göbel und Knorr widmet sich dem Themenkreis Baustelle. Nachdem die Sujets Berufe, Wochenendausflug, Stadt, Zirkus und Gewässer bereits in den fünf Vorgängern abgehandelt worden sind, haben Autor und Illustratorin ein traditionelles Bilderbuch-Thema für sich entdeckt: Von der Bauplanung des Architekten bis zum Einzug der Großfamilie wird die Entstehung eines Wohnhauses peu a peu nachgezeichnet.

Beurteilungstext

Auf sieben großformatigen Doppelseiten (etwa A3) kann die kindliche (und erwachsene) Leser*in die Konstruktion eines Wohnhauses visuell nachvollziehen. Die erste Doppelseite beginnt mit architektonischer Planung und Abriss des Altbaus, dann wird das Fundament gegossen, die Mauern hochgezogen, schließlich das Dach gedeckt und der Innenausbau durch Malerinnen, Trockenbauer, Tapezierer, Fliesenleger, Heizungsbauer und Elektroinstallateure beginnt. Die letzte Doppelseite zeigt den Einzug der Familie und die Eröffnung des Cafés im Erdgeschoss des Neubaus. Zugleich durchläuft das Buch ein volles Jahr Bauzeit, in der sich die Jahreszeiten, die immer wiederkehrenden Menschen und das ganze Stadtviertel um die Baustelle verändert.

Auch bei ihrer aktuellen Bildgeschichte wählten Knorr und Göbel wieder das Prinzip des narrativen Wimmelbuchs: Die Bilder hängen über die Geschichten der Figuren und Gegenstände inhaltlich zusammen. Der Raum ändert sich nur perspektivisch – die Figuren bleiben stets die gleichen: Baggerfahrer Erwin, Zimmerfrau Sarah, Malerin Caro und Architekt Klaus tauchen in neuen Funktionen auf jeder Doppelseite auf. Zugleich begegnet die Leser*in auch altbekannten Figuren aus den Vorgänger-Büchern wie Fußballer Ben oder der dicken Molli. Dabei erzählen alle Personen (und auch Tiere) über die sieben Doppelseiten ihre eigene Geschichte: Vom Aufstehen am Morgen bis zum Zu-Bett-Gehen am Abend. Kleine (tierische) Sidekicks, wie eine entlaufene Tigerkatze, eine verlorene Spielzeug-Giraffe oder ein meckernder Nachbar unterstützen die Narration. So hat man auch dieses Mal die Möglichkeit, das Buch auf zwei Arten zu lesen: Entweder man versucht sich einen Überblick über die Panoramaseiten und den Fortschritt des Baus zu verschaffen – oder man verfolgt einzelne Figuren, Tiere und Gegenstände über die Seiten hinweg. Beides zugleich ist nur nach unzähligen Lektüren zu schaffen.

Der Zeichenstil der klassischen ligne clair Göbels/Knorrs ist gewohnt ansprechend, und hat sich bereits in den erfolgreichen Vorgängern bewährt. Der Detailreichtum und die Informationsfülle ist für Kinder am Anfang sicher überfordernd – bindet sie aber auch lange Zeit an das Buch, das ein Kind getrost vom dritten bis siebenten Lebensjahr begleiten kann. Auch die Erwachsenen haben so ihren Spaß. Man muss sich aber viel Zeit zum begleitenden Lesen nehmen. V.a. in den ersten zehn bis zwanzig Lektüren sollte man das Kind nicht mit dem Buch allein lassen.

Auf politischer Ebene sind Göbel und Knorr gewohnt linksliberal korrekt. Männer und Frauen sind gleichberechtigt, Farbige und Muslime selbstverständlich – und natürlich sind auch wieder alle nur möglichen Berufsgruppen repräsentiert. Kritisch ist (mal wieder) anzumerken, dass bei Göbel und Knorr auch weiterhin alles sozial und gesellschaftlich Problematische ausgeblendet ist und „heile Welt“ gespielt wird. Während Wimmelbuch-Autoren wie Ali Mitgutsch stets darauf achteten, auch die „dunklen Seiten“ ihres Themas zumindest im Ansatz zu zeigen, ist hier absolut jeder Problempunkt ausgeblendet. So folgt beispielsweise die Veränderung des Stadtviertels über die sieben Doppelseiten zum wiederholten Male den bürgerlichen Wunschfantasien der Bionade-Bourgeoisie vom Prenzlauer Berg o.ä. Großstadtvierteln für Besser-Verdienende: Der Eisenwarenhandel wird durch einen Bioladen ersetzt, der Gebrauchtwagenhändler verschwindet zugunsten eines Schickimicki-Cafés, der Supermarkt verwandelt sich (natürlich) in eine Stadtteilbücherei und der Parkplatz muss selbstverständlich einer Grünfläche weichen. Kurz und knapp: Das hier mal wieder Gentrifizierung in nuce vorgeführt wird, scheint dem Autor*innenteam Göbel/Knorr nicht einmal bewusst zu sein.
Nichtsdestotrotz ist vom narrativen und bild-ästhetischen Standpunkt aus „Hier wird gebaut!“ eines der besseren und schöneren Bücher des Wimmel-Genres geworden. Es war auch nicht anders zu erwarten.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von OWA; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 18.04.2020

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