Harpyienblut

Autor*in
Ohms, Daniela
ISBN
978-3-86265-137-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
429
Verlag
Schwarzkopf und Schwarzkopf
Gattung
Fantastik
Ort
Berlin
Jahr
2011
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,95 €
Bewertung
nicht empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Lucie ist zur Hälfte ein Mensch und zur Hälfte eine Harpyie. Ihre Mutter ist Aello, eine Harpyie aus der griechischen Mythologie, die es arrangieren kann, dass Lucie von Menschen aufgezogen wird. Als Lucie älter wird besteht ihre Aufgabe darin, die Seelen toter Kinder in den Kreislauf des Lebens zurückzubringen. Dabei muss sie sich vor den Todesharpyien verstecken, die ihr nach dem Leben trachten.

Beurteilungstext

Harpienblut ist die Bezeichnung für Lebewesen, deren Mutter eine Harpyie und deren Vater ein Mensch ist. In diesem Roman begegnen sich Lucie und Jean, der gleichfalls zur Hälfte eine Harpyie ist. Beide fühlen sich auf unerklärliche Weise zueinander hingezogen.

Lucie wird zunächst von Maria, einer Menschenfrau aufgezogen. Sowohl Maria als auch Lucie gelingt es Lucies Geheimnis, dass sie nämlich Flügel hat, zu verbergen. Jedoch mit zunehmendem Alter wird das Versteckspiel immer schwieriger.
In ihrer Not vertraut sich Lucie ihrer Freundin Emilia an. Die beiden Mädchen als auch Sergej, der Sohn eines Harpyienbluts, ziehen in eine Wohnung, in der sie ungestört sein können.
Zusätzlich taucht Jean auf, gleichfalls ein Harpyienblut, der gefühlsmäßig mit Lucie eng verbunden ist.
Sowohl Lucie als auch Jean versuchen ihrer „Bestimmung“ gerecht zu werden, nämlich die Seelen toter Personen zu ihrem neuen Leben zu begleiten. Bei Lucie sind es Seelen toter Kinder, die manchmal grausam missbraucht wurden.

Allerdings ist das Dasein für Lucie als auch für Jean gefährlich, denn sowohl Hunger- als auch Todesharpyien stellen ihnen nach und versuchen sie zu töten.
Einen Ausweg scheint es für die beiden zunächst nicht zu geben. Erst mit Hilfe von Geistern und dem Eingreifen der drei Harpyien aus der Mythologie ergibt sich für die beiden eine gefahrlose(re) Zukunft.

An und für sich befasst sich die Fantasy-Erzählung mit einem interessanten Motiv. Allerdings gelingt es der Autorin nur unzureichend die unterschiedlichen Schichten auszuarbeiten:
Lucie lebt im Berlin der Neuzeit: Straßen, Gebäude, Stadtteile, Seen ... sind Orte des Geschehens. Lucie selbst geht zur Schule, muss lernen, Arbeiten schreiben. Kurz: Sie muss den Anforderungen der Realität nachkommen. Diese Schicht ist lediglich am Anfang des Buches - zumindest ansatzweise - zu erkennen. Im weiteren Verlauf gerät sie mehr und mehr ins Abseits, so dass das Geschehen in der realen Welt immer weniger überzeugt. Ihr häufiges Fernbleiben von der Schule zieht weder Fragen noch Konsequenzen nach sich. Beim Kauf von Kleidung, Lebensmitteln usw. wird einfach bezahlt, ohne dass z.B. die Frage beantwortet wird, wie eine mittellose Schülerin an Geld kommt.
Jean greift in die reale Welt ein, indem er Personen, die Kinder misshandelt und getötet haben, auf eigene Faust umbringt. Er tötet auf brutale Weise! Nur - es gibt keine Folgen seiner Taten; weder Zeitungen noch polizeiliche Ermittlungen scheinen die Folge zu sein.

Parallel zur Eben “Neuzeit” existiert das „Jenseits“, die Welt der Mythologie. Die Autorin greift den Gedanken auf, dass die Harpyien auf Geheiß von Zeus die Seelen von Toten in die Unterwelt begleiteten. In der Erzählung trägt Lucie die Seelen von toten Kindern zu Paaren, die gerade dabei sind neues Leben zu zeugen.
Diese Schicht gerät immer stärker in den Mittelpunkt der Ereignisse. Sie ist jedoch derart kompliziert konstruiert, dass aufkeimende Spannungsbögen immer wieder versacken. Da gibt es die Todes- und die Hungerharpyien, die Lucie und Jean verfolgen; da gibt es aber auch geklonte Harpyien ohne Gefühle und die drei Harpyien der Mythologie, die im Verlauf der Jahrtausende Gefühle entwickelt haben. Zudem gibt es Geister mit und ohne Gefühle, Seelen mit und ohne Erinnerungen ... Diese Wesen beeinflussen sich auf unterschiedliche Art und Weise. Die Autorin lässt kaum einen mythologischen Aspekt aus. Sogar die Mistel hat ihre Aufgabe im Prozess der „Seelenreinigung“.
Zuweilen wird die Grenze zur Absurdität überschritten: So z.B. in der Schilderung, wie die Harpyien in einem Gewächshaus Hungerharpyien schlüpfen lassen um sie dann sofort zu enthaupten.

Bleibt noch die Ebene der „menschlichen“ Gefühle. Immerhin beansprucht das Buch einen Platz in der „Herzklopfen Fantasie“. Da entwickeln sich verschiedene Beziehungen: von Sergej zu Lucie, von Emilia zu Sergej, von Lucie zu Jean und umgekehrt sowie - am Ende der Erzählung - von Sergej zu Emilia. Nur - dieser Strang kann sich nicht entfalten, da er immer wieder von grausamen Schilderungen unterbrochen wird: „Das Mädchen ... streifte den eisigen Blick des Vogels ... ihre Beine erstarrten ... der lange Schnabel blitzte auf, trennte den Kopf von ihrem Körper und warf ihn ins Gras ... zwei (Hungerharpyien) fanden den Schädel und stürzten sich darauf ... bis einer von ihnen den Saugrüssel an die Schläfe ... legte“ (S. 301).
Derartige Szenen gibt es zuhauf. In einer derart düsteren Szenerie kommen die gefühlsbetonten Momente kaum zur Entfaltung.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von B+HJ.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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