Hanno und der Notfall

Autor*in
Mieras, Annejan
ISBN
978-3-8369-6106-6
Übersetzer*in
Kluitmann, Andrea
Ori. Sprache
Niederländisch
Illustrator*in
Faas, Linde
Seitenanzahl
192
Verlag
Gerstenberg
Gattung
BiografieBuch (gebunden)Erzählung/RomanLyrik
Ort
Hildesheim
Jahr
2022
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
14,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Mit der Aufnahme der etwa zehnjährigen Pien in Hannos Familie ändert sich dessen beschauliches Leben in unerwarteter Weise. Von Anfang an betrachtet der neunjährige Hanno das Mädchen als Eindringling und ist taub für die Erklärungen seiner Mutter, die die Einladung als einen Notfall für einen „etwas längeren“ Zeitraum bezeichnet.

Beurteilungstext

Die Ankündigung, dass seine Klassenkameradin, ein blasses tollpatschiges Mädchen mit Spinnenbeinen, das vorgibt eine polnische Prinzessin zu sein, für geraume Zeit in seinem Zimmer wohnen wird, versetzt Hanno in große Unruhe. Er macht Pien verantwortlich für den Verlust seines Zimmers und die Peinlichkeiten, denen er ihretwegen in der Schule und dort vor seinen Klassenkameraden ausgesetzt ist. Einen Rückzugsort findet der Junge in der Fahrradwerkstatt von Kees, dem Fahrradmechaniker, wo er ungestört an seinen geliebten Eisentieren arbeiten und dabei Glückskekse essen kann. Aber gerade als die von Hanno geführte Liste der negativen Eigenschaften seiner Mitbewohnerin immer länger wird, geschieht eine Annäherung der ungleichen Kinder.

Als Hanno Pien das Radfahren beibringen will, benötigen sie nach einem Sturz Kees' Hilfe. Dieser kann mit seinen Kommentaren, wenn auch unbewusst, viele Fragen der Kinder lösen, was schließlich dazu führt, dass Piens Mutter die Wahrheit über Piens Vater erzählen muss. Pien zerreißt daraufhin ihre Gedichte, deren Ausgangszeilen aus Wislawa Szymborskas Gedichtband „der Augenblick“ stammen. Zu diesem Zeitpunkt hat das Mädchen aber bereits in Hanno einen echten Freund gefunden, der ihre Liebe zu Gedichten wieder weckt, indem sie gemeinsam Gedichtskekse für Kees backen, der sie nach dem Tod seiner Mutter - so sind sich die Kinder einig - gut gebrauchen kann.

Die Handlung dieses Buches, das aus der Sicht des Jungen geschrieben wurde, entwickelt sich langsam. So erfährt der Lesende erst spät, dass Pien, indem sie Gedichte schreibt, ihrem vermeintlichen Vater nacheifern will. Auch die Tatsache, dass psychische Probleme ihrer Mutter das Mädchen in Hannos Familie geführt haben, wo sie einem Tagebuch in Gedichtform ihre Probleme anvertraut, wird erst später klar.

Gedichte bilden den Kern dieses Buches, das in Form eines von Hanno geführten Tagebuchs (22 Tage) aufgebaut ist. Seine täglichen Berichte enden aber mit einem von Piens Gedichten, die durch die bekannte polnische Dichterin Wislawa Szymborska inspiriert sind. Diese werden im Anhang des Buches mit der jeweiligen Kapitelüberschrift aus Piens Gedichtband „Jetzt“ und einem Textauszug aus „der Augenblick“ der Literaturnobelpreisträgerin Szymborska aufgeführt.

Die kurzen Biografien der beiden Dichterinnen stehen hier gleichberechtigt nebeneinander und geben Informationen für eine mögliche Weiterentwicklung der Handlung. Dabei scheint die Tatsache, dass es sich bei der Nobelpreisträgerin um eine reale Person handelt, Pien van Putten jedoch eine fiktive ist, unerheblich zu sein.

Das Buch „Hanno und der Notfall“, das im Gerstenberg-Verlag erschienen ist, wurde von der Niederländerin Annejan Mieras, einer Grundschullehrerin, geschrieben und von Andrea Kluitmann ins Deutsche übersetzt. Die Illustrationen, in Form von kleinen Eisentieren in schwarz/weiß, stammen von Linde Faas.
Es ist übersichtlich strukturiert, so dass es Kindern ab neun Jahren sicherlich Spaß macht, die 192 Seiten selbständig zu lesen oder aber auch sich vorlesen zu lassen. Der Anhang ist allerdings ohne weitere Erklärungen für junge Lesende nur schwer einzuordnen.

„Hanno und der Notfall“ ist ein sehr ruhig geschriebenes Buch, in dessen Mittelpunkt eine Familie steht, in der eine gewisse Empathie gegenüber anderen Menschen vorausgesetzt wird. Sehr klug wird Hannos Dilemma aufgezeigt, zum einen den Erwartungen seiner Eltern und Mitschüler zu entsprechen, aber zum anderen auch seinen eigenen Weg dabei zu finden. Die Entwicklung, die Annejan Mieras aufzeigt, ist sehr gut nachvollziehbar. Sicherlich will die Autorin die Lesenden auch zum Schreiben eigener Gedicht animieren, was ihr bei Älteren bestimmt gelingen könnte. In der Schule würden sich einige Textpassagen dazu eignen, im Rahmen einer Unterrichtseinheit „Gedichte“, das Interesse zu forcieren.
Dieses Buch kann als sehr empfehlenswert eingestuft werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von prg; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 26.11.2022